Zusammenfassung
Auf Grund unserer Erörterungen über die luciden Intervalle in psychiatrischer und juridischer Hinsicht kommen wir zu folgenden Schlüssen:
Zunächst ist hervorzuheben, daß esin der Psychiatrie keine wirklichen Heilungen, sondern nur Remissionen gibt, welche eingeteilt werden in: vollkommene und langdauernde Remissionen, in annähernd vollkommene kurzdauernde Remissionen und in unvollkommene Remissionen. Dem entsprechend gibt es 3 Arten von luciden Intervallen: langdauernde, kurzdauernde und scheinbare lucide Intervalle. Juridisch ergibt sich folgendes: Das Strafgesetzbuch kennt nicht die luciden Intervalle, indem es jede Tat, die ein im luciden Intervall befindliches Individuum unter dem Einfluß irgendeiner Erregung der vorher schon krankhaften (Konstitution) begeht, als Mord, Brandlegung, Giftmischerei usw. qualifiziert. Das bürgerliche Gesetzbuch schließlich anerkennt wohl die luciden Intervalle, macht aber keine Unterscheidung zwischen lang- und kurzdauernden luciden Intervallen, obwohl in den kurzdauernden noch eine leichte Trübung des Bewußtseins und ein gewisser Grad von Störung der psychischen Funktionen besteht. Eine allfällige Novellierung des bürgerlichen Gesetzbuches sollte darauf Bedacht nehmen, daß die Klarheit des Geistes vollkommen, von langer Dauer, deutlich und stabil sein müsse, und nicht in einem blitzartigen Aufleuchten der Vernunft oder in einer einzigen Handlung allein sich dokumentieren dürfte wie dies bei einem kurzdauernden luciden Intervall vorzukommen pflegt.
Literaturverzeichnis
Aschaffenburg, G. usw., Manuel de Psychiatrie médico-légale. 3. Edition.
Birnbaum, K., Die psychopathischen Verbrechen. 2. Aufl. 1927.
Bleuler, E., Lehrbuch der Psychiatrie, S. 122 „Transitorische Psychosen“ u. S. 501, 512, 516.
-Bumke, O., Gerichtliche Psychiatrie. 1912.
Lehrbuch der Geisteskrankheiten. 2. Aufl. 1929.
Cramer, A., Gerichtliche Psychiatrie. 5. Aufl. Jena 1908.
Gruhle, H., Bürgerliches Gesetzbuch im Handbuch der Gerichtlichen Psychiatrie. A. Hoche 1934.
Dupré, E., Rev. des Deux Mondes1910.
Dyrand, Mlle, Rev. de Psychop.1912.
Hoche, A., Handbuch der gerichtlichen Psychiatrie. 3. Aufl. 1934.
Jaspers, K., Allgemeine Psychopathologie. 1923.
Lange, J., Spezielle gerichtliche Psychopathologie. Im Handbuch der gerichtlichen Psychiatrie v. Hoche 1934.
Laignel-Lavastine, Psychiatrie pratique. 2. Edition, S. 596. -Legrand du Saulle, L'Interdiction des aliénés. Paris 1875
Les testaments contestés pour cause de folie. Paris 1872.
Marc, La medicine legale. II, 496 u. 501.
Neuberger, L., Les maladies mentales. 1932.
Pilcz, Alex., Lehrbuch der speziellen Psychiatrie. 6. Aufl., S. 67*.
Régis, E., L'Encephale1886, 326 - Precis de Psychiatrie. 6. Edition, S. 48, 1172.
Vallon, La pathologie mentale au point de vue administratif et judiciaire, in Traité de Pathologie mentale de Ballet. Paris 1903, et L'expertise psychiatrique in Psychiatrie II, Pathol. médicale 1921.
Weygandt, W., Forensische Psychiatrie. 2. Teil. Göschen 1922.
Zacchias, Paul, Les questions médico-légales (1623) á l'oeuvre de M. Vallon et Genil-Perrin 1912.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Wenn auch die Ausführungen unseres verehrten griechischen Kollegen sowohl in psychiatrischer, wie in juristischer Beziehung vielfach nicht mit unseren Anschauungen übereinstimmen, haben wir doch geglaubt, auch einmal einen ausländischen Fachkollegen bei der Erörterung dieser Fragen zu Worte kommen lassen zu sollen.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Mitaftsis, K.A. Über die luciden Intervalle in psychiatrischer und juristischer Hinsicht. Dtsch. Z. ges. gerichtl. Med. 27, 125–131 (1937). https://doi.org/10.1007/BF01770390
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF01770390