Zusammenfassung
Für die Beurteilung der klinischen Sensibilitätsunterschiede röntgenbestrahlter Carcinome erforderliche vergleichende strahlenhistologische Untersuchungen sind bisher nicht durchgeführt worden. Dies scheiterte daran, daß beim therapeutischen Handeln praktisch unmöglich erscheint, die Voraussetzungen der Verwertbarkeit diesbezüglicher Befunde, nämlich die Gleichwertigkeit der äußeren strahlenphysikalischen und der inneren biologischen Bedingungen beiverschiedenen Tumorträgern herzustellen. Günstige Voraussetzungen zur Vornahme einschlägiger Untersuchungen bieten bestrahlte Doppelcarcinome, wobei nach Möglichkeit die den Tumor zusammensetzenden Carcinome klinisch von verschiedener Strahlenempfindlichkeit sein sollen. Befunde, die Verfasser an einem intensiv bestrahlten platten- und zylinder-zelligen Doppelcarcinom des Uterus erheben konnte, zeigten, daß jede Carcinomart auf die Einwirkung der Röntgenstrahlen so reagiert, als würde jedes für sich allein bestrahlt worden sein. Regressive Veränderungen waren am plattenepithelialen Anteile des Tumors wesentlich höhergradig als am zylinder-epithelialen Abschnitt. Bei einem analytischen Vergleich der geweblichen Veränderungen ergibt sich für den speziellen Fall, daß dashistologisch nachweisbare Substrat des Empfindlichkeitsunterschiedes beider Carcinomarten gegenüber Röntgenstrahlen einen Komplex von Vorgängen darstellt. Dieser läßt sich in folgende drei Komponenten zerlegen: 1. in die tatsächlichen Sensibilitätsunterschiede der Krebszelle; 2. in das unterschiedliche Verhalten der Mesenchymreaktion, welche im speziellen Fall entsprechend des gleichmäßigen Reaktionsausfalles alsepithelspezifisch bezeichnet werden mußte, und 3. in die Verschiedenheit der Beeinflussung der Wucherungsfähigkeit des Carcinoms. Ob die auch klinisch feststellbare höhere Strahlenempfindlichkeit des Plattenepithels als die des Zylinderepithels auf eine höhergradige Vulnerabilität der Zellen gegenüber der direkten Einwirkung der strahlenden Energie oder gegenüber der durch die Strahleneinwirkung hervorgerufenen Änderung des Milieus des Tumors zurückgeht, konnte aus den vorliegenden Befunden nicht entschieden werden.
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Windholz, F. Über Histologische Reaktionsunterschiede Röntgenbestrahlter Carcinome. Klin Wochenschr 10, 2245–2249 (1931). https://doi.org/10.1007/BF01760791
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