Zusammenfassung
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1.
Neben der sog. physiologischen Aniseikonie, die dann in Erscheinung tritt, wenn unter asy. Ko. gleich große, jedoch inkongruente Objekte in beiderseits gleicher Entfernung haploskopisch dargeboten werden, gibt es auch partielleAniseikoniephänomene. Sie treten bei haploskopischer Beobachtung der Amesschen und anderer Halbbilder auf, wenn dieselben in beiderseits gleicher oder — den natürlichen Sehbedingungen bei asy. Ko. entsprechend — in beiderseits verschiedener Entfernung dargeboten werden und bei einer bestimmten Doppelbilddistanz beobachtet wird; dabei erscheinen in beiden gleich groß abgebildete Strecken dem einen Auge zugleich gleich groß und verschieden groß.
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2.
Die physiologisch-optische Analyse dieser Phänomene ergibt, daß sie nur bei zwangloser, d. i. bei Beobachtung mit wanderndem Blick bestehen und ihre Ursache haben in einer durch die besondere haploskopische Anordnung gegebenen besonderen Beanspruchung des Fusionsmechanismus; die Fusion wird je nach gegebenen Reizbedingungen begünstigt oder erschwert bzw. verhindert. Es handelt sich bei den Erscheinungen der partiellen Aniseikonie nicht um eine tatsächliche Bildungleichheit der Augen, sondern um einen Größenvergleich bei wanderndem Blick, wobei in bestimmten Blicklagen Fusion eintritt, demnach beide Bilder gleich groß gesehen werden.
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3.
Die gleichen Ursachen liegen der sog. physiologischen Aniseikonie zugrunde. Infolge verhinderter Fusion (inkongruente Haploskopbilder) bewegt sich der binokulare Blickpunkt bei Beurteilung der Größenverhältnisse in zwei abstandsverschiedenen Ebenen; die in diesen liegenden gleich großen Objekte (inkongruente Figuren) müssen daher verschieden groß erscheinen.
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4.
Bezüglich der Aniseikonie im engeren Sinne, welche nachAmes,Gliddon undOgle als Anomalie unabhängig von einer Refraktionsdifferenz vorkommen soll, ist auf Grund der Analyse der „physiologischen Aniseikonie“ der Schluß zu ziehen, daß die bei der Prüfung am Haploskop vom Untersuchten geforderten motorischen Leistungen des beidäugigen Bewegungsapparates ebenfalls berücksichtigt werden müssen. So lange dies nicht der Fall ist, geht es nicht an, diese Anomalie auf eine „verschiedene Verteilung der Sehzellen in beiden Netzhäuten“ oder auf eine „verschiedenartige Reaktion des Zentralorganes auf gleiche Netzhautbilder“ zurückzuführen.
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Herrn Prof. Dr.A. Tschermak von Seysenegg zum 70. Geburtstage in Dankbarkeit zugeeignet.
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Zimmermann, W., Schubert, G. Aniseikoniephänomene und ihre physiologisch-optischen Grundlagen. Pflügers Arch. 244, 59–67 (1940). https://doi.org/10.1007/BF01756208
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