Zusammenfassung
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1.
An einem Material von 18 Leichen von neugeborenen Kindern wurden vor Durchführung der Leichenöffnung und der histologischen Untersuchung, aber auch vor Kenntnisnahme von dem Inhalt der Krankengeschichte Röntgenuntersuchungen vorgenommen.
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II.
Diese Röntgenuntersuchungen ergaben bei dem zur Verfügung stehenden Material niemals Befunde, welche im Sinne einer Beatmung der Lungen oder im Sinne der Anwesenheit von Luft im Magen gedeutet werden konnten, wenn nicht auch bei der späteren Leichenuntersuchung die entsprechenden Schwimmproben positiv ausfielen.
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III.
Vorangegangene Wiederbelebungsversuche (Lufteinblasung,Schultzesche Schwingungen) können sowohl bei der Röntgenuntersuchung als auch bei der Durchführung der Schwimmproben Befunde vortäuschen, die auf vorangegangenes Leben hinweisen.
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IV.
In 2 von 18 Fällen war durch den Röntgenbefund an der Lunge vorangegangenes Leben nicht zu beweisen, obwohl bei der späteren Leichenöffnung vorangegangenes Leben durch die Schwimmprobe nachgewiesen und späterhin auch durch das Krankenblatt bestätigt wurde. Das negative Ergebnis des Röntgenbefundes schließt daher vorangegenes Leben niemals aus.
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V.
Nach den erzielten Ergebnissen wird man die Durchführung einer Röntgenuntersuchung zwecks Feststellung vorangegangenen Lebens (bei frischen Leichen von Neugeborenen, und zwar nur bei diesen) empfehlen können, jedoch mit der Maßgabe, daß nur der positive Röntgenbefund (bei Ausschluß von Wiederbelebungsversuchen) auf vorangegangenes Leben hinweist; der negative Befund sagt (ebenso wie bei den Schwimmproben) hierüber nichts Sicheres aus. Die Durchführung einer derartigen Untersuchung kommt in Frage, wenn sich die Vornahme der gerichtlichen Sektion aus technischen Gründen verzögert. Zur Wertung des Röntgenbefundes gehören Kritik und Erfahrung, nicht jeder Krankenhausarzt ist hier der geeignete Gutachter.
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VI.
Die Röntgenuntersuchung ersetzt niemals die in jedem Fall durchzuführende gerichtliche Leichenöffnung.
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Herrn Prof.Martius, Direktor der Universitäts-Frauenklinik, bin ich für die Übernahme der Röntgenuntersuchungen, sowie Herrn Prof.Martius und Herrn Prof.Gruber, Direktor des Pathologischen Instituts, für die Überlassung von Material zu besonderem Dank verpflichtet.
Die Arbeit hat der Medizinischen Fakultät in Göttingen als Dissertation vorgelegen.
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Nolte, G. Untersuchungen über die Bedeutung des Röntgenbildes als Lebensprobe in der gerichtlich-medizinischen Praxis. Dtsch. Z. ges. gerichtl. Med. 30, 116–126 (1938). https://doi.org/10.1007/BF01754200
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01754200