Zur Bedeutung der „paradoxen“ Entladung und verwandter Phänomene arterieller Mechanoreceptoren für den Kreislaufschock

Zusammenfassung

1. An Hunden und Katzen wurden Aktionspotentiale depressorischer Baroceptoren der Aorta aus Halsvagusfilamenten abgeleitet und ihre afferenten Impulsmuster bei Aderlaß-Hypotonie und Reinfusion beobachtet.

2. Der Anteil sog. paradox entladender Receptoren, die bei Aderlaß-Hypotonie wieder vermehrt bzw. noch Impulse abgeben, lag nur zwischen 5–15%.

3. Die Frage nach der reflektorischen Bedeutung dieser Entladungen im Sinne eines depressorischen Circulus vitiosus mit weiterer Vertiefung der Hypotonie und Ausbildung eines protrahierten Kreislaufschocks glauben wir daher verneinen zu können.

4. Es wird darauf hingewiesen, daß die Verminderung des ionisierten Serumcalciums (Hypocalcämie) neben anderen Kreislaufwirkungen auch durch die Sensibilisierung kardio-vasculärer depressorischer Afferenzen diesen paradoxen Entladungen bzw. dem Baroceptor-Afferenz-Einstrom insgesamt eine grössere reflektorische Bedeutung im Sinne des untersuchten Zusammenhanges zuteilt. Unsere Erfahrungen beim Schock-Patienten bestätigen die therapeutische Konsequenz, eine Hypocalcämie durch Ca⁺⁺-Substitution zu vermeiden.

5. Weitere, vom Normalverhalten abweichende, Entladungsbesonderheiten vasculärer Baroceptoren fallen wegen der Seltenheit ihres Vorkommens ebenfalls nicht besonders ins Gewicht.

Summary

1. Using elektrophysiological technique, in dogs and cats afferent impulses of aortic baroceptors from filaments of the cervical vagus were obtained while in the heparinized animals blood-loss hypotonia and reinfusion was performed.

2. Among the total of 180 baroceptors only 10% continue firing with low frequency at aortic pressures below 50 mm Hg, among them the socalled paradoxically firing baroceptors, which—after a period of silence—, rebegun firing pulse synchronous patterns with further decrease of aortic pressure.

3. So far we believe that paradox discharges of baroceptors concerning the percentage dont have a severe influence in hypotonia as reflexogenic circulus vitiosus with further pressure decrease and establishment of prolonged shock.

4. In the case of hypocalcaemia, most times associated with shock, baroceptors were sensitized and their reflexogenic influence becomes more marked. Regarding our experience in shock-aptients the therapeutic consequence is to avoid serum hypocalcaemia substituting Ca⁺⁺.