Zusammenfassung
Bei einer plötzlich einsetzenden Anämie des peripheren Nerven am Warmblüter (Kaninchen) steigt die mit Schwellenreizen geprüfte Erregbarkeit rasch an und erreicht nach etwa 15 Min. einen Höchstwert. Dann sinkt sie wieder ab, bis nach etwa einer halben Stunde plötzlich auch mit den stärksten elektrischen oder mechanischen Reizen kein Erfolg am Muskel mehr zu erhalten ist.
Dieses baldige Erlöschen tritt nicht nur bei peripherer Reizung ein, sondern auch bei zentraler (Beobachten des Reflexerfolges); es beruht also nicht auf einem Versagen der motorischen Endapparate, sondern muß auf den anämischen Zustand des Nerven selbst zurückgeführt werden.
Die Kraft des frischen Längsquerschnittstromes ändert sich bei der Anämie zunächst gleichsinnig und gleichzeitig mit der Erregbarkeit, macht dann aber den plötzlichen Abfall nicht mit, sondern sinkt viel allmählicher im Laufe von Stunden ab.
Auch bei der Narkose des Froschischiadicus verlaufen die Änderungen des LQ-Stromes und der Erregbarkeit zunächst gleichsinnig und gleichzeitig, dann aber erlischt auch hier die am Muskelerfolge geprüfte Erregbarkeit bald, noch bevor der LQ-Strom auf Null abgesunken ist.
Diese Befunde lassen sich einheitlich verstehen, wenn man den LQ-Strom als den Ausdruck einer örtlichen Dauererregung auffaßt. Die Tatsache, daß der Reizerfolg am Muskel früher als der LQ-Strom erlischt, ist dann als ein Versagen der Leitfähigkeit des Nerven bei Nocherhaltensein der örtlichen Erregbarkeit zu deuten; die Plötzlichkeit, womit die Erregbarkeit auf einer gewissen Stufe der Anämie oder Narkose abbricht, entspricht dem Augenblicke, wo die Erregung der durch den äußeren Reiz getroffenen Stelle des Nerven als Leitungsreiz unter die Reizschwelle der Nachbarstelle tritt.
Es wird die Herstellung eines für physiologische Untersuchungen geeigneten Nervmuskelpräparates vom Kaninchen beschrieben.
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Koch, E. Längsquerschnittstrom und Erregbarkeit des Nerven. Pflügers Arch. 216, 100–122 (1927). https://doi.org/10.1007/BF01723189
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