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Rassen- und Artbildung in der ViduinengattungHypochera

I.Hypochera funerea purpurascens Reichenow — Brutparasit beim Dunkelroten AmarantenLagonosticta rubricata (Lichtenstein)

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Summary

In eastern Africa the distribution areas of two structurally different Combassous(Hypochera) overlap. One of these is the white-footed, violet-shiningHypochera funerea purpurascens; the other is the red-footed, green- or blue-green shining East African races ofHypochera chalybeata. The host species ofpurpurascens was unknown, but that ofHypochera chalybeata is known to beLagonosticta senegala through observations in the field and in captivity, as well as by analysis of the host species phrases in its song.

The hypothesis that Viduine species with distribution areas wholly or partly overlapping cannot parasitize the same host, is based on earlier findings of the particular form of speciation among the Viduinae, which show a parallel development between the genera and species of the hosts and their joint brood parasites. The sexual isolation between two related Viduine forms with overlapping distribution can be realized only on the basis of adaptation to different hosts, and is maintained by the males mimicing the song of the joint host species.

The sympatric distribution ofpurpurascens andchalybeata offered the possibility to verify the usefullness of this hypothesis by critical examination of the host relationships. Observations in middle and northern Tanzania showed thatHypochera funerea purpurascens is the brood parasite ofLagonosticta rubricata, and thus lives sexually isolated fromHypochera chalybeata. Thepurpurascens males mimic in their songs the changeable motive-rich phrases ofLagonosticta rubricata.

The formnigerrima, living in Angola and Kasai as well as in one part of the distribution areas ofpurpurascens andfunerea, is very probably an independent species too. Two of my aviary birds sing host species phrases, which are nearly but not exactly like the phrases of the song of the Ethiopian nominate subspecies of Jameson's Firefinch(Lagonosticta rhodopareia). It is supposed that these differences are due to the vocal differences between the Ethiopian and the southern subspecies(jamesoni) ofLagonosticta rhodopareia. This question can only be decided by analysing the song ofLagonosticta rhodopareia jamesoni.

Nachtrag

Nach Abschluß des Manuskriptes erschien eine überaus gründliche Arbeit von M. A.Traylor (Relationships in the combassous; Proc. sec. Pan-Afr. Orn. Congr. 1964, The Ostrich, Supplement Nr. 6), die sich mit den Verwandtschaftsbeziehungen der Atlaswitwen eingehend befaßt.

Traylor untersuchte 525 Bälge vonHypochera-Männchen im Brutkleid und erkennt danach 9 unterscheidbare Formen(chalybeata, ultramarina, amauropteryx, codringtoni, centralis, nigerrima, funerea, wilsoni, nigeriae) an. Von diesen leben nach seinen Befunden die Formenfunerea undamauropteryx nebeneinander, ohne sich zu vermischen, was auch aus den FeldbeobachtungenIrwins (inFriedmann 1960) schon wahrscheinlich gemacht worden war und aus der Spezialisierung auf zwei verschiedene Wirtsvogelarten zu erklären ist. Desgleichen leben in Nordafrika die Formenchalybeata, nigeriae undwilsoni ohne zu bastardieren nebeneinander. Die Formnigerrima betrachtetTraylor als eine Mischform, die zwischenfunerea undnigeriae einerseits undcentralis (hierorientalis genannt) undnigeriae andererseits vermittelt. Aus diesen komplizierten Verhältnissen, Bastardierung in einem Teil des Verbreitungsgebietes und sexuelle Isolation in einem anderen Teil, ziehtTraylor die auf Grund seiner Befunde richtige Konsequenz, alleHypochera-Formen in einer einzigen Art zusammenzufassen. Dabei ist er sich der Schwierigkeit dieser einzigartigen Situation durchaus bewußt. So entschließt er sich auch in einer Fußnote, nach Korrespondenz mitMayr, Stresemann undWolters, doch dreiHypochera-Arten anzuerkennen, die an der Peripherie ihrer Verbreitungsgebiete miteinander bastardieren. Diese Arten sindchalybeata (mit den Rassencentralis, ultramarina, amauropteryx undcodringtoni), funerea (mitnigerrima, pupurascens undwilsoni) undnigeriae. Diese Anordnung kommt meinen Vorstellungen von der Artbildung der Atlaswitwen erheblich näher. Doch ist auch sie noch nicht voll befriedigend.

Wennnigerrima eine Mischform wäre, so müßte sie die eine oder andere der Wirtsvogelarten ihrer Ursprungsformen parasitieren. Die von mir untersuchten Vögel zeigen jedoch, daß das nicht der Fall ist.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind sie Brutparasiten bei der vom südlichen Kenia über Tanzania und Moçambique bis Rhodesien, Transvaal und Zululand verbreiteten Rassejamesoni des Rosenamaranten(Lagonosticta rhodopareia). Auch in einem anderen Gebiet, im Bereich der nördlichen Paré-Berge, in demTraylor nach dem ihm vorliegenden Balgmaterial eine Mischpopulation zwischenpurpurascens undorientalis (dortcentralis genannt) annimmt, ließen sich keine Anhaltspunkte für eine solche Vermischung finden. Vor Antritt meiner Reise machte michH. E. Wolters auf die vermutliche Mischlingseigenschaft der Atlaswitwen von Lembeni im Bereich der Nord-Paré-Berge aufmerksam, und ich habe, um diese Frage zu klären, mehrere Wochen in und um Lembeni zugebracht, die Atlaswitwen untersucht und Tonbandaufnahmen gemacht (S. 313). In diesem Zeitraum konnte ich sämtliche im Gebiet singenden Atlaswitwenmännchen verhören: sie hatten ausnahmslos rote Füße, trugensenegala-Wirtsstrophen vor und gehörten damit eindeutig zuHypochera chalybeata orientalis. Die variable Färbung — einige Männchen schimmern violettblau statt reinblau wie die typischeorientalis — reicht wohl nicht hin, um eine Bastardierung anzunehmen. Auch andereHypochera-Formen, wiechalybeata undultramarina, variieren in der Färbung von grünlich zu stahlblau(chalybeata) und von blau zu violett(ultramarina). Der blaue, grüne oder violette Farbglanz schwarzer Vogelfedern kommt durch geringfügige Änderungen in der Federstruktur zustande und unterliegt vermutlich einem monofaktoriellen Erbgang, wie das bei den auf schwarze Gefiederfarbe gezüchteten domestizierten Hühner- und Haustaubenrassen der Fall ist.

In und um Lembeni kommtHypochera funerea purpurascens nicht vor; die nächste Population lebt bei Moshi, 60 km entfernt. Man müßte also annehmen, daß eine solche Mischpopulation nicht dort entstanden ist, wo sie gegenwärtig lebt und sich geschlossen ein neues Gebiet erobert hat. Eine derart kühne Annahme scheint mir aber durch nichts gerechtfertigt und mit dem Prinzip der sparsamsten Erklärung unvereinbar.

Der dritte Fall einer Bastardierung, denTraylor anführt, scheint mir dagegen gut gesichert und auf ethologischer Grundlage auch erklärlich. Die Vermischung zwischen der rotschnäbeligenchalybeata-Rasseamauropteryx und der weißschnäbeligen Rassecodringtoni, die im südlichen Teil des Verbreitungsgebietes voncodringtoni zu einem fast völligen Aufgehen der weißschnäbeligen in der rotschnäbeligen Form geführt hat, ist durch das MaterialTraylors aus Malawi und dem mittleren Zambia überzeugend demonstriert. Die rotschnäbelige Rasseamauropteryx hat sich wohl im Süden oder Südwesten Afrikas herausgebildet und breitete sich von dort in nordöstlicher Richtung aus. Bei diesem Vordringen stieß sie auf die weiter nördlich wohnendecodringtoni, vermischte sich mit ihr im Süden und umging sie im Westen und Osten.Codringtoni parasitiert die gleiche Wirtsart,Lagonosticta senegala (S. 311). Die Männchen beider Formen liefern ihren Weibchen durch die Nachahmung dersenegala-Strophen also die gleichen Reize, doch hatteamauropteryx noch etwas anderes anzubieten. Die rote Schnabelfarbe ist innerhalb der Viduinae das einzige morphologische mimetische Merkmal, das der Altvogel trägt. Zwar ist es nicht bei allen Viduinen evoluiert: dieSteganura-Arten und auch ein großer Teil der Populationen vonVidua hypocherina tragen noch den dunklen Schnabel ihrer Euplectinen-Vorfahren. Bei den anderen Viduinen jedoch, die rotschnäbelige Estrildiden-Arten parasitieren, wieTetraenura regia, Tetraenura fischeri undVidua macroura, bieten die Männchen ihren Partnerinnen durch ihre rote Schnabelfärbung ein Wirtsvogelmerkmal, das wohl seine Entstehung ebenso sexueller Selektion verdankt, wie die akustischen mimetischen Signale. Innerhalb der GattungHypochera ist diese Entwicklung zu roter Schnabelfärbung noch in Fluß. Es ist aber sicher kein Zufall, daß die einzige rotschnäbelige Atlaswitwenrasse(amauropteryx) zu einer Art gehört, die die am auffälligsten rotschnäbeligeLagonosticta-Art(senegala) parasitiert.

Amauropteryx hat heute schon das größte Verbreitungsgebiet allerchalybeata-Rassen und sie ist offenbar in stürmischer Ausbreitung nach Norden begriffen. Überall, wo sie mit anderenchalybeata-Rassen in Berührung kommt, sind die Männchen, bei gleichen Wirtsvogelparolen, in der Konkurrenz um die Weibchen voraussagbar denen der anderen Rasse gegenüber durch ihre Rotschnäbeligkeit selektionsbegünstigt. Das hat eine zunehmende Infiltration vonamauropteryx-Genen in diecodringtoni-Populationen zur Folge gehabt, und ich bin mitTraylor der Ansicht, daßcodringtoni eine im Verschwinden begriffene Rasse ist, die allmählich vonamauropteryx aufgesogen wird. Das gleiche Schicksal dürfte den weiter nördlich lebenden Rassenorientalis undultramarina beschieden sein, wennamauropteryx noch weiter nach Norden vordringt.

In einer Fußnote erwähntTraylor Beobachtungen vonD. N. Mansfield, die er im Manuskript einsehen konnte.Mansfield fand in MalawiHypochera funerea als Brutparasit beiLagonosticta rubricata, was mit meinen Beobachtungen in Tanzania gut übereinstimmt.

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Nicolai, J. Rassen- und Artbildung in der ViduinengattungHypochera . J Ornithol 108, 309–319 (1967). https://doi.org/10.1007/BF01671879

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