Die Brutbestandsentwicklung des Graureihers(Ardea cinerea) in Bayern

Zusammenfassung

Nach den Kältewintern 1961–1963 brüteten in Bayern nur noch rund 250 Graureiherpaare. Im Verlauf des nächsten Jahrzehnts stieg der Bestand wieder auf 400–500 Brutpaare an; 1972 wurde ein Verbot des Tötens erlassen. 1979 brüteten wieder 1170 Graureiherpaare in mehr als 70 Kolonien. Die Grenzkapazität liegt in Bayern bei 1300–1500 Brutpaaren. Ab 1981 wird der Graureiher wieder bejagt. Die Wachstumsrate der bayerischen Brutpopulation lag vor der Schutzverordnung bei 0,008, d. h., Verluste durch strenge Winter konnten in der Regel nicht ausgeglichen werden. Die „maximale Wachstumsrate r“ liegt bei 0,222. 1974 bis 1977 nahm die Brutpopulation exponentiell mit dieser Rate zu. In wachsenden Reiherpopulationen steigt die durchschnittliche Koloniegröße, da der Zuwachs vor allem in bereits großen Kolonien erfolgt, während kleine Kolonien in Anzahl und Stärke relativ konstant bleiben. Bei kleinen, zersplitterten Beständen ist daher häufig keine Erholung mehr möglich. Die durchschnittliche Koloniengröße ist bei gesättigten Reiherbeständen ein Maß für die Qualität einer Region als Graureiher-Lebensraum. Auf die erneute Bejagung haben die Reiher in Bayern mit einer Veränderung ihrer Rastgewohnheiten reagiert. Da die Reiherzahlen an Fischteichen hauptsächlich vom verfügbaren Nahrungsgebiet abhängen, dürfte eine Steigerung der Fischerträge als Folge des Reiherabschusses kaum feststellbar sein.

Als Folge der Bejagung gehen die Reiherbestände in Teilen Bayerns zurück bzw. verzögert sich die Erholung der Bestände nach den Winterverlusten 1980/81. Kleinere, isolierte Bestände wie in Mittelfranken sind im Erlöschen. Stark betroffen dürften auch ausländische Populationen sein. Vor allem die Erfolge hessischer Schutzbestimmungen sind in Gefahr. Wegen der hohen Verwechslungsgefahr sind auch die bayerischen Restbestände von Purpurreiher, Nachtreiher und Großer Rohrdommel stark gefährdet. Falls die Bejagung aus politischen Gründen aufrechterhalten wird, ist eine Bewirtschaftung der Reiherbestände durch kontrollierte Abschußpläne und die Nutzung der erlegten Vögel in einem Bioindikatorprogramm zu fordern.

Summary

Caused by severe winters in 1961–1963 the Bavarian breeding population break down to 250 breeding pairs. The population increased again to 400–500 breeding pairs in the following decade, but in 1972 the herons must be protected because of continuing decrease. In 1979 the population recovered to 1170 breeding pairs distributed in more than 70 colonies. Carrying capacity for Bavaria is 1300–1500 breeding pairs. Since 1981 the heron is pursued again in the surroundings of fish farms. Before protected, the rate of growth of the Bavarian breeding population was 0.008. Therefore the population could not compensate breakdowns by severe winters in sufficient time. The intrinsic rate of natural increase, r_max, is 0.222. The population increases with this rate from 1974–1977. In increasing heron populations the average colony size increases as well. This is due to the growth of bigger colonies. In contrary, small colonies are relatively constant in number and size. Therefore there is no possibility of population growth and survival in populations too small and splitted. The average colony size is a measure for the environmental quality for the heron in a region. The herons changed the roosting habitats due to the reinsertion of hunting. Heron numbers in fish farms depend mainly on the availability of fish prey and only weak on shooting or deterring. There is no indication, that fish harvests have increased due to heron hunting. The kill of the herons involved decreasing numbers of breeding pairs in parts of Bavaria and retarded the compensation of decreases due to the winter 1980/81. Small isolated populations will disappear soon. Heavily influenced may be small foreign populations like the Hessian one passing through Bavaria in autumn. Danger of extinction exists also for Purple Heron, Night Heron and Bittern in Bavaria. If the heron hunting will be proceeded, a controll of hunting success must be established and the herons should be used in a bioindicator programm.