Zusammenfassung
Die mitgeteilten ersten 4 Fälle von multiplem Myelom lassen anatomisch und mikroskopisch hinsichtlich ihres geweblichen bzw. cellulären Aufbaus bemerkenswerte Unterschiede sowie eine verschieden hochgradige Proliferationsfähigkeit erkennen. Die in allen Fällen, besonders im 3. Falle zu beobachtende dichte „explosionsartige” Entwicklung junger Myelomzellen bedeutet einerseits eine gewisse Analogie zu den indifferenten primären Geschwulstwucherungen, wie sie in mesenchymalen Tumoren, z. B. osteogenen Gewächsen, zu beobachten sind, andererseits steht sie wohl speziell in genetischer Beziehung zu den „Brutstätten” normaler Knochenmarkszellen. Im 3. Falle, der wie der 4. zu Weichteilmetastasen geführt hat, sind die Myelomzellen ausgesprochen polymorph. Der 4. Fall unterscheidet sich von den übrigen besonders durch eine wenigstens großenteils verbandsmäßige und perivaskuläre Anordnung gleichmäßiger großer Zellen.
Die genannten histologischen Unterschiede sind ohne weiteres durch den Geschwulstcharakter der multiplen Myelome zu erklären. Ob alleinige genetische Beziehungen der Myelome zu den Plasmazellen des Knochenmarks bestehen, ist nach den mitgeteilten Befunden noch nicht entschieden.
Eine tumoreigene Blutgefäßbildung war nicht zu beobachten. Gleichwohl stand die Ausbildung der Blutgefäße offenbar unter dem Einfluß der Geschwulstwucherungen. Im 1. und 2. weniger proliferationsfähigen Falle glich sie weitgehend dem normalen Bild des Knochenmarks; im polymorphzelligen 3. Falle war die Ausbildung der Blutgefäße sehr irregulär und mangelhaft; im 4. Fall war sie gleichmäßiger, aber ohne sinuösen Charakter oder eine für das Knochenmark typische Anordnung.
Die Myelomzellen sind imstande, den Knochen rasch zum Schwund zu bringen; die außerdem auftretenden Osteoklasten sind vor allem auf die veränderte Statik zu beziehen.
In dem angeführten 5. Falle handelt es sich um ein operiertes, solitäres retotheliales Myelosarkom des Brustbeins; neben den primären Geschwulstwucherungen aus netzförmig zusammenhängenden Zellen ist die Entwicklung freier markzelliger Formen zu beobachten, beide mit starker Neigung zur Polymorphie.
Literaturverzeichnis
Apitz, Virchows Arch.300, 113
Apitz, Erg. Path.35, (1940).
Fahr, Henke-Lubarsch Handbuch6, 2.
Froboese, Virchows Arch.222, 291.
Geschickter u.Copeland, zit. nachHerzog. Henke-Lubarsch Handbuch abgeschlossen und gedruckt
Helly, Henke-Lubarsch Handbuch1, T. 2 (1927).
Herzog, Henke-Lubarsch Handbuch abgeschlossen und gedruckt, aber noch nicht erschienen
Z. Krebsforsch.52, H. 3 (1941).
Lubarsch, Virchows Arch.184, 213 (1906).
Petrides, Frankf. Z. Path.53.
Ribbert, Geschwulstlehre.1914.
Rohr, Das menschliche Knochenmark. Georg Thieme 1940.
Rutishauser, Zbl. Path.58.
Schmidtmann, Virchows Arch.234, 456.
Schopper, Henke-Lubarsch Handbuch9.
Tschistowitsch, Virchows Arch.197.
Wallgren, Virchows Arch.232 (1921).
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Mit 9 Textabbildungen.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Rühl, R. Beitrag zur Kenntnis des multiplen Myeloms. Z Krebs-forsch 53, 223–247 (1943). https://doi.org/10.1007/BF01622970
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF01622970