Zusammenfassung
Für die Ableitung der Größen der Elektrizitätslehre aus Grundgrößen gibt es die eine Auffassung, daß die Anzahl der voneinander unabhängigen Grundgrößen frei wählbar ist, und die andere Auffassung, daß methodisch, durch Anwendung bestimmter Grundsätze, die notwendige und hinreichende Anzahl der von einander unabhängigen Grundgrößen festgestellt werden kann. Es werden einige Folgen dargelegt, die sich für die Definitionen der Größen und der Einheiten aus der einen und aus der anderen Auffassung ergeben.
Literatur
Verf., Arch. f. Elektrotechn. 45 (1960), S. 78–98.
Wir betrachten als zweites Beispiel für die zwei verschiedenen Auffassungen den magnetischen Induktionsfluß. Zunächst die Auffassung, daß die Anzahl der Grundgrößen wählbar ist: Für die physikalische Erscheinung “Induktionsfluß” hat man nach der mechanischen Auffassung (drei mechanische Grundgrößen) zwei verschiedene Größen definiert, die wir vorübergehendΦ e undΦ m schreiben wollen, und nach der elektrodynamischen Auffassung eine andere Größe, die wir Φ schreiben; schließlich ist auch schon gefordert worden, daß die physikalische Erscheinung “Induktionsfluß” durch eine Größe zu beschreiben sei, die nicht mehr aus anderen abgeleitet werden könne; wir wollen sie vorübergehendΦ V schreiben. Alle vier GrößenΦ e ,Φ m,Φ,Φ V tragen denselben Namen “Induktionsfluß”, alle sind definitionsmäßig von einander verschieden, sie sind nicht mit einander in dem Sinn vergleichbar, daß aus ihnen physikalisch sinnvoll Summen oder Differenzen gebildet werden könnten oder daß es möglich wäre zu sagen, die eine sei ein zahlenmäßiges Vielfaches einer anderen. Nach der anderen Auffassung, daß eine notwendige und hinreichende Anzahl von Grundgrößen bestimmbar ist, gilt: Es gibt eine Größe “Induktionsfluß” Φ. Die verschiedenen Einheiten dieser Größe unterscheiden sich von einander um Faktoren, die reine (unbenannte) Zahlen sind, jede Einheit ist ein zahlenmäßiges Vielfaches jeder anderen.
U. Stille, Messen und Rechnen in der Physik, bes. S. 208/209. Braunschweig 1955.
“Im allgemeinen ersieht man hieraus, daß der Quotient irgendeiner elektromotorischen Kraft dividiert durch irgendeine Stromintensität irgend einer Geschwindigkeit gleich ist.... Dieser Widerstand also muß einer gewissen Geschwindigkeit gleich sein...”W. Weber in: Abh. d. königl. Ges. d. Wiss. Göttingen 10 (1862), Abh. d. math. Cl. S. 1–96.
”...c'est en prenant pour mesure pratique de résistance une résistance qui est représentée dans le système absolu par une vitesse de 1000 millions de centimètres par seconde, que l'on obtient l'ohm...”W. Thomson in: Congrès International des Electriciens, Paris 1881, Comptes rendus de travaux (Paris 1882) S. 42. Nach a) ist ein Widerstand gleich einer Geschwindigkeit, nach b) wird ein Widerstand “im absoluten System dargestellt (repräsentiert) durch eine Geschwindigkeit”.
“The phenomena by which electricity ist known to us are of mechanical kind, and therefore they must measured by mechanic units or standards.”J. C. Maxwell u.F.Jenkin in: Report of the thirty-third meeting of the British Association for the Advancement of Science.... London (1864) S. 131. In c) werden die mechanischen Einheiten damit gerechtfertigt, daß die Erscheinungen, ”durch die wir die Elektrizität erkennen”, von mechanischer Art seien. Von mechanischen Größen ist nicht die Rede.
Hätte man an Stelle von (3.1) geschrieben\(F = \frac{{Q_1 Q_2 }}{{4 \pi \varepsilon _{rel} r^2 }},\) so hätte sich an Stelle von (3.2) ergeben\(1 [Q]'_e = [Q]_e \sqrt {4 \pi } \) die beiden Einheiten unterscheiden sich um den Zahlenfaktor\(\sqrt {4 \pi } \).
J. Wallot, Handbuch der Physik, hersgg. vonH. Geiger u.K. Scheel, Band II, Kap. 1, S. 1–41. Berlin: Springer 1926, hier: S. 31, und ausführlich in7.
J. Wallot, Größengleichungen, Einheiten und Dimensionen. 2. Aufl., S. 54 u. f. Leipzig 1957.
J. de Boer, Ned. T. Natuurkde. 16 (1950) S. 293; 17 (1951) S. 5.
J. Wallot, Elektrot. Z. 64 (1943), S. 229–233, Gl. (30); ausführlicher in7.
So zum BeispielU. Stille in:F. Kohlrausch, Praktische Physik, Band I, 20. Aufl., S. 11. Stuttgart 1955. Ferner die Norm DIN 1357, Einheiten elektrischer Größen (1958).
Beide Darstellungen jedoch zum Beispiel beiU. Stille Messen und Rechnen in der Physik, bes. S.362 und 366. Braunschweig 1955. Den Umrechnungsfaktoren zwischen Zahlenwerten wird der Vorzug gegeben: S. 235.
Weitere Ausführungen hierzu: Verf., Arch. f. Elektrotechn. 43 (1957) S. 212–214.
Sofern man von Paralleldefinitionen absieht: eine solche entsteht dadurch, daß man für dieselbe physikalische Erscheinung zwei Größen definiert, die sich voneinander um einen Faktor unterscheiden, der eine reine (unbenannte) Zahl ist, wie zum Beispiel die rational und die nicht rational definierte magnetische Feldstärke, deren Verhältnis durch die reine (unbenannte) Zahl 4π gegeben ist.
J. Wallot Handbuch der Physik, hersgg. vonH. Geiger u.K. Scheel, S. 1–41. Berlin: Springer 1926 Größengleichungen, Einheiten und Dimensionen. 2. Aufl., S. 54 u. f. Leipzig 1957. Elektrot. Z. 64 (1943) S. 229–233; Verf. in: Taschenbuch für Elektrotechniker, hersgg. vonF. Moeller, Band I, S. 255 bis 260 (1953); Hütte, des Ingenieurs Taschenbuch, Band I, 28. Aufl. S. 253–263 (1955).
“Der Realist behält sich vor zu sagen: Spannung ist Spannung, und die Maßzahlen verhalten sich umgekehrt proportional zu den Einheiten. Zum Beispiel will er sagen dürfen: 1 elektrostatische Spannungseinheit gleich 3·1010 elektromagnetische Spannungseinheiten.”H. König, Bull. Schweiz. Elektrot. Ver. 41 (1950) S. 625. Ebenso:K. Küpfmüller, Einführung in die theoretische Elektrotechnik, Anhang: Maßsysteme, zum Beispiel 6. Aufl. Berlin/Göttingen/Heidelberg: Springer 1959, S. 499.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Fischer, J. Dreiersysteme, Vierersysteme, Fünfersysteme und Größenlehre. Archiv f. Elektrotechnik 45, 225–232 (1960). https://doi.org/10.1007/BF01574372
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF01574372