Zusammenfassung
Die Geschwindigkeit der Bildung von Säure sowohl aus nur Spuren von Säure und Wasser enthaltendem Essigsäureäthylester als auch aus solchem, dem noch je ein Mol Wasser und Alkohol pro Mol zugesetzt waren, erfährt unter dem Einflusse der durchdringenden Radiumstrahlen eine sehr beträchtliche Erhöhung, und zwar ist letztere bei «reinem» Ester relativ größer als bei dem Ester-Alkohol-Wassergemische.
Eine diesbezügliche Wirkung kommt auch noch denγ-Strahlen zu, da ein mit obigem Gemische in der Radiumkammer bei 10 bis 14° ausgeführter Blindversuch eine größere Säurebildungsgeschwindigkeit zeigte als die Blindversuche, die bei 25° im Arbeitszimmer angestellt wurden.
Es sprechen Gründe dafür, daß die primäre Wirkung der Radiumstrahlen wenigstens teilweise auch auf eine Zertrümmerung der Estermoleküle unter Bildung von Säuren und ungesättigten Kohlenwasserstoffen, nicht bloß auf eine unter Wasseraufnahme erfolgende Spaltung, zurückzuführen sein dürfte.
Die Geschwindigkeit der direkten Esterbildung aus Essigsäure und Alkohol, gemessen an der Abnahme des Säuretiters des äquimolekularen Gemisches, scheint gleichfalls eine allerdings nur ganz geringfügige Erhöhung unter dem Einflusse der durchdringenden Radiumstrahlen zu erfahren, doch übersteigen die diesbezüglichen Unterschiede kaum die möglichen Versuchsfehler.
Es wird eine empirische Formel abgeleitet, welche die Abhängigkeit der Esterbildungsgeschwindigkeit für den Reaktionsbeginn von der in Grammolekülen pro Liter ausgedrückten Konzentration von Säure und Alkohol wiedergibt, da die bisher in den Lehrbüchern übliche Darstellung obiger Reaktion als bimolekulare Reaktion mit Gegenreaktion versagt und auch die Annahme einer Katalyse, sei es durch die Wasserstoffionen, sei es durch die nicht dissoziierte Essigsäure, nicht zum Ziele führt.
In einem äquimolekularen Gemische von Essigsäure und Äthylalkohol bedingt die Erhöhung des Anfangswassergehaltes von.0·08 auf 1·47 Mole im Liter keine Verminderung der Veresterungsgeschwindigkeit, sondern es erfahren sogar die nach der Formel für eine bimolekulare Reaktion mit Gegenreaktion berechneten »Konstanten« für gleiche Versuchsdauer durchwegs eine kleine Erhöhung.
In Aceton, das vor Licht geschützt aufbewahrt wird, bewirken die durchdringenden Radiumstrahlen eine verhältnismäßig recht beträchtliche Säurebildung. Es besteht eine gewisse Analogie mit der diesbezüglichen Wirkung des Lichtes.
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Kailan, A. Mitteilungen aus dem Institut für Radiumforschung. Monatshefte für Chemie 35, 859–887 (1914). https://doi.org/10.1007/BF01519788
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