Zusammenfassung
Die bisherige Theorie der Entstehung der Fettembolie beim Knochenbruch, daß an der Frakturstelle aus dem Zellverband gelöstes Fett durch die im Hämatom und Markraum auftretende Drucksteigerung in klaffende Venenlichtungen eingepreßt werde, kann nicht nufrechterhalten werden, da Druckmessungen im Markraum und Hämatom nach der Fraktur eine Verminderung des Druckes ergaben und bei der transossalen Venographie eine venöse Abflußmöglichkeit aus dem Hämatom und dem benachbarten Markraum heraus nicht nachgewiesen werden konnte. Es wird unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse der Schluß gezogen, daß bei der Entstchung der Fettembolie nach einem Knochenbruch die Frakturstelle selbst nur eine unwesentliche Rolle spielt. Fett, welches durch eine Gewalteinwirkung aus dem Zellverband gelöst wurde, kann ohne Drucksteigerung auf Grund der vermehrten Wanddurchlässigkeit des intraossalen Venensystems die Venenwand passieren oder in Venenlichtungen eintreten, welche durch Zerreißung von Markraumvenen entfernt von der Frakturstelle entstanden sind. An der Frakturstelle selbst kommt es durch Kreislaufänderungen auf Grund der Unterbrechung der Markraumbegrenzung nicht zu einer Einschwemmung von Fett.
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Rehm, J. Experimentelle Untersuchungen zur Entstehung der Fettembolie beim Knochenbruch. Arch. f. klin. Chir 285, 230–238 (1957). https://doi.org/10.1007/BF01450216
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