Zur Theorie der mineralischen Gerbung

Zusammenfassung

• 1. Es wurde die Änderung der Lichtabsorption einiger Chromverbindungen während der Gerbung der Gelatine untersucht und festgestellt, daß die aus verschiedenen Chromverbindungen entstandenen gerbenden Endprodukte offenbar einander gleich sind.

• 2. Aus dem Vergleich der Absorptionskurven der gerbenden Endprodukte in Gelatine mit der Absorptionskurve glykokollartiger Chromkomplexe wurde geschlossen, daß auch bei der Chromgerbung keine glykokollartigen Bindungen zwischen Gelatine und Chrom auftreten.

• 3. Modellversuche der Gerbung mit Polyvinylalkohol haben gezeigt, daß der Effekt der Gerbung nicht auf bestimmte ionogene Gruppen beschränkt ist, sondern ganz allgemein dort auftritt, wo die solvatisierbaren Gruppen durch irgendeinen Eingriff blockiert, abgesättigt oder entfernt werden können. Diese Tatsache wird als weitere Stütze für die von uns vertretene Auffassung der mineralischen Gerbung angesehen, wonach bei der Gerbung zwischenmolekulare Attraktionskräfte die entscheidende Rolle spielen.

• 4. Es wurden Gerbungsversuche mit verschiedenen, durch Dialyse dargestellten Chromhydroxydsolen nahezu gleicher Basizität (90–93 Proz. basisch) ausgeführt. Es hat sich dabei ergeben, daß der Gerbungsgrad, auf gleiche Chrommengen bezogen, in weitem Maße von der Teilchengröße abhängig ist. Je größer die Dispersität, um so intensiver ist die Gerbung.

• 5. Es wurde darauf hingewiesen, daß auf Grund der hier ausgeführten Messungen der Lichtabsorption keinerlei Veranlassung zu der Annahme besteht, daß bei der Gerbung von Gelatine mit CrCl₃ Komplexe auftreten, welche in ihrer inneren Sphäre besonders reich an Cl-Ionen sind. Es erscheint vielmehr wahrscheinlich, daß die in der Gelatine entstandenen gerbenden Chromverbindungen hochbasischer Natur sind, so wie sie z. B. auch bei der Dialyse von Chromchlorid entstehen.