Zusammenfassung
Die mitgeteilten Versuche erlauben anzunehmen, da\ die Vorstellung über eine lösliche und eine unlösliche Gelatine wie über zwei Stoffe verschiedener chemischer Natur experimentell nicht bestätigt wird, d. h. wir lehnen die Bellauptung, da\ der übergang Sol ⇆ Gel an die chemische Veränderung des Stoffes (Hauptvalenzkette) gebunden sei, als nicht genügend begründet ab.
Weiter zeigten wir, da\ die Fraktionenzahl, in welche die gewöhnliche Gelatine getrennt werden kann, sehr gro\ ist.
Die erhaltenen Fraktionen bestanden aus Mizellen verschiedener Grö\e. Die Mizellen sind am grö\ten bei schwerlöslichen und am kleinsten bei leichtlöslichen Fraktionen. Die gro\en Werte der Solvatation der Fraktionen sind zweckmä\ig mit der osmotischen Theorie von Northrop und Kunitz zu erklären. Die Vorstellung von zwei Bindungstypen in den Hauptvalenzketten, vorgeschlagen von Fodor, und ebenso der von ihm vorgeschlagene Bau der Gelatinemolekel wird durch unsere Versuche nicht bestätigt, auch nicht durch die Versuche anderer Forscher, die die Bindungen des desamidierten Glutins mit Laugen und Säuren studierten. Die Längen der Hauptvalenzketten der verschiedenen Fraktionen unterscheiden sich so wenig, da\ wir gezwungen sind anzunehmen, da\ alle Fraktionen nur aus verschiedenen Mengen der gleichen Hauptvalenzketten bestehen, sich also hauptsächlich durch die Mizellengrö\e unterscheiden. Die mittlere Grö\e der Hauptvalenzketten wurde von uns berechnet und gleich 1550 gefunden.
Diese Werte stimmen gut mit den Resultaten überein, die von Pauli und Witt für die äquivalentgewichte des Glutins erhalten wurden. Die Hauptvalenzkette der Gelatine ist wahrscheinlich sehr stabil und ändert sich beim Erwärmen in Abwesenheit von Elektrolyten wenig. Alle starken änderungen der Eigenschaften der Gelatinesole und -gallerten, die bei hoher Temperatur eintreten, müssen mit änderung der Grö\e und anderer Eigenschaften der Mizelle, die ein Aggregat der Hauptvalenzketten vorstellt, erklärt werden.
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Liepatoff, S.M., Putilowa, I.N. Zur Lehre von den lyophilen Kolloiden. Kolloid-Zeitschrift 71, 83–87 (1935). https://doi.org/10.1007/BF01423033
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