Übersicht
Zur Klärung der Vorgänge bei Koronaentladungen in atmosphärischer Luft werden die Ströme gemessen und mit Hilfe einer besonderen Oszillographenschaltung dargestellt, die während der Entladung an einer Spitze-Platte-Funkenstrecke auftreten, deren Spitze aus halbkugelig zugefeilten Drahtenden (Kugelspitzen) bestebt. Gleichzeitig werden die Leuchterscheinungen und Veränderungen an der Spitzen-oberfläche mit einem Mikroskop beobachtet.
Die mit gleicher Spannung verschiedener Polarität und Wechselspannung an verschiedenem Spitzen-material ermittelten Meßergebnisse und Beobachtungsresultate führen zusammen mit der Berechnung zu einem vollständigen Bild des Entladungsmechanismus. Danach wird der Beginn der selbständigen Entladung bei der negativen Kugelspitze durch die Elektronembefreiung beim Aufprall positiver Ionen auf die Kathode (γ) bestimmt. Bei Spannungen, die etwas höher als die Anfangsspannung liegen, bilden sich zunächstTownsend-Lawinen, deren Umfang durch das rasch abnehmende Feld begrenzt wird. Bei Spannungen, die je nach Material etwa 50 bis 300 V über der Anfangsspannung liegen, wird an einzelnen Stellen der Kugeloberfläche, das γ durch die mit großer Energie aufprallenden positiven Ionen sprunghaft vergrößert. Durch die erhöhte Trägervermehrung und die rasche Anlagerung der Elektronen an Gasmoleküle wird aber die Dichte der raumladung so groß, daß der Entladungsprozeß nach 0,36·10−6 s unterbunden wird. So entstehen nur einzelne Entladeimpulse, deren Häufigkeit mit wachsender Spannung zunimmt. Das Auftreten dieser Impulse wurde bisher irrtümlich für den Beginn der selbständigen Entladung gehalten. Der Beginn der selbständigen Entladung bei der positiven Kugelspitze ist dann gegeben, wenn bei den Stoßprozessen genügend energiereiche Strahlung ausgesendet wird, so daß die für die Entladung notwendigen Nachfolgeelektronen im Raum zwischen Spitze und Platte durch Fotoionisation gebildet werden können. Die mittlere Wellenlänge der wirksamen Strahlen wird zu 60 bis 110 Å ermittelt. Zu Beginn der positiven Entladung tritt zunächst ein intermittierender Bereich auf, in dem die Entladung kurzzeitig zündet und wieder abreißt, bis dann bei höheren Spannungen die Entladung stetig brennt. In diesen intermittierenden Bereich können einzelne Lawinen mit besonders großer Trägerzahl zu einer kathodengerichteten Kanalbildung führen (Stromfaden). Entsprechend den verschiedenen Entladungsmechanismen der negativen und positiven Kugelspitzen sind auch die Leuchterscheinungen verschieden geartet.
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Wagner, L. Korona-Entladungen an der Spitze-Platte-Funkenstrecke. Archiv f. Elektrotechnik 40, 331–342 (1952). https://doi.org/10.1007/BF01407355
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