Zusammenfassung
Die systematischen Relaxationszeitmessungen des Verfassers an Dipolmolekülen, die verdünnt in einer unpolaren Flüssigkeit gelöst sind, ermöglichen es, die Relaxationszeiten reiner Dipolflüssigkeiten, die bei verschiedenen Temperaturen bestimmt werden, molekulartheoretisch zu deuten. Wegen der fehlenden Dipolwechselwirkung dienen die Relaxationszeiten der verdünnt gelösten Moleküle als Bezugsgrößen; sie weichen bereits von den mit demStokesschen Ansatz aus der Formel τ=4πηa3f/kT berechneten Werten in der Weise ab, daß die rotatorische Beweglichkeit um einen Faktor (etwa 4,3 bei Benzol) größer ist analog den Erfahrungen bei der translatorischen Beweglichkeit von Molekülen in Flüssigkeiten (Diffusion, Ionenleitung). Zur Deutung der in Dipolflüssigkeiten dazukommenden Dipolwechselwirkung und ihres Einflusses auf die Relaxationszeit wird entweder dieDebyesche Theorie der Rotationsbehinderung oder das innere Feld nachOnsager (dessen Bedeutung für die Relaxation in einer vorhergehenden Arbeit behandelt wurde) herangezogen. Bei einer Anzahl von Flüssigkeiten, die als nicht assoziiert gelten können, entsprechen die Relaxationszeiten weitgehend den in verdünnter Lösung gefundenen Werten, wenn man den Viskositätsunterschied und das innere Feld nachOnsager berücksichtigt, und zwar in dem Maße, in welchem dieOnsager-Theorie für die statische Dipolpolarisation gültig ist, bzw. innerhalb der Fehlergrenze der Relaxationszeitmessung. Demgegenüber ist die Klasse der assoziierten Flüssigkeiten (H2O, Alkohole usw.) charakterisiert durch eine Erhöhung der Relaxationszeiten infolge der bei Komplexbildung eintretenden Erhöhung des Partikelvolumens. Der Grad der Assoziation läßt sich aus den Relaxationszeiten abschätzen; z. B. ist die rotatorische Beweglichkeit in Wasser so als ob jedes Molekül bei Zimmertemperatur im Mittel an etwa vier weitere H2O-Moleküle gekoppelt ist. Bei Anilin und Toluidin scheint eine besondere Art von Wechselwirkung der NH2-Gruppen vorzuliegen, durch welche die Relaxationszeit gegenüber der erwarteten verkürzt ist.
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Zum Schluß möchte der Verfasser Fräulein M.Bindereif und Herrn stud. rer. nat. W.Ensslin, die bei einem großen Teil der umfangreichen Messungen wertvolle Hilfe leisteten, seinen besten Dank zum Ausdruck bringen.
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Fischer, E. Dielektrische Relaxationsuntersuchungen zur Frage des inneren Feldes und zur Charakterisierung von assoziierten und nicht assoziierten Dipolflüssigkeiten. Z. Physik 127, 49–71 (1950). https://doi.org/10.1007/BF01338983
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