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Über das Zustandekommen des osmotischen Druckes und seine theoretische Berechnung

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Zeitschrift für Physik

Zusammenfassung

Der wesentliche Inhalt der nachfolgenden Arbeit wurde von mir am 24. Oktober 1931 auf der 23. Tagung der nordwestdeutschen Chemiedozenten in Hamburg vorgetragen. Meine Ausführungen fanden jedoch wenig Beifall, und im Laufe einer später folgenden eingehenden Diskussion mit einem weiteren Kollegenkreise wurden im wesentlichen die beiden folgenden Einwände erhoben: 1. Die Entstehung des osmotischen Druckes sei kein Problem mehr, sondern seit langem geklärt. Ich habe hiergegen eingewandt, daß van 't Hoff selbst, wie in der nachfolgenden Arbeit des näheren dargelegt wird, die Frage der Entstehung des osmotischen Druckes zum mindesten offengelassen hat, habe ferner gezeigt, daß die heutigen rein kinetischen Theorien der Entstehung des osmotischen Druckes zu Widersprüchen mit der Erfahrung führen und weiter darauf hingewiesen, daß die Darstellungen über das Zustandekommen des osmotischen Druckes in den verschiedenen Lehrbüchern alles andere als einheitlich sind, sondern sich vielfach widersprechen. — 2. Der zweite und zwar der stärker betonte Einwand ging dahin, daß Max Planck die Richtigkeit der van 't Hof f schen Überdrucktheorie des osmotischen Druckes (nähere Definition siehe im folgenden Abschnitt) auf thermodynamischem Wege erwiesen habe. Diese Auffassung wird z. B. auch in dem ausführlichen Lehrbuche der physikalischen Chemie von Karl Jellinek (Bd. II, S. 864) vertreten. Gegen diesen Einwand habe ich betont, daß es grundsätzlich unmöglich sei, auf thermodynamischem Wege die Richtigkeit einer molekulartheoretischen Vorstellung über das Zustandekommen des osmotischen Druckes zu beweisen, und habe weiter darauf ausgeführt, daß Max Planck in seiner Thermodynamik niemals einen solchen Beweis habe erbringen wollen, sondern daß er nur, wie ebenfalls in der weiteren Arbeit ausführlich dargelegt wird, die Bedingungen entwickelt hat, welche ein Zweistoffsystem erfüllen müsse, damit die van 't Hoffsche Überdrucktheorie des osmotischen Druckes gültig sein könne. — Da es mir nicht möglich war, die Kollegen, mit denen ich diese Aussprache führte, zu überzeugen, sandte ich Herrn Geh. Planck die nachfolgende Arbeit und bat um seine Stellungnahme zu den oben angeführten Fragen. — Herr Geh. Planck antwortete liebenswürdigerweise mit folgenden Ausführungen: „Wenn die Ansicht aufgestellt wird, daß sich aus meiner Darstellung der Thermodynamik die van 't Hoffsche Überdrucktheorie als die einzig zulässige ergibt, so muß ich einer solchen Auffassung entschieden entgegentreten. Denn in der Thermodynamik werden die Gesetze des osmotischen Druckes (welcher definiert wird als die manometrisch meßbare Druckdifferenz zwischen der Lösung und dem von der Lösung durch eine semipermeable Msmbran getrennten reinen Lösungsmittel) rein formal aus den Hauptsätzen der Wärmelehre abgeleitet, sie gilt also unabhängig von jeder molekularen Theorie. Aber eben deswegen lehrt die Thermodynamik gar nichts bezüglich der Frage, durch welche molekularen Vorgänge und Wirkungen der osmotische Druck zustande kommt.“ — In einem späteren Schreiben führt er dann noch aus: „Ich möchte Ihnen zunächst nochmals ausdrücklich bestätigen, daß die reine Thermodynamik die Frage nach dem Zustandekommen des osmotischen Druckes durch Molekularkräfte offen läßt, daß also die von Ihnen aufgestellte Unterdrucktheorie an sich thermodynamisch durchaus zulässig ist. Ich will aber gern noch weiter gehen und zum Ausdruck bringen, daß nach dem, was ich Ihrer kurzgefaßten Übersicht über den Inhalt der Unterdrucktheorie entnommen habe, ich dieser Theorie jedenfalls sympathischer gegenüberstehe als der „kinetischen“ Theorie des osmotischen Druckes. Insbesondere halte ich die Annahme, daß die Moleküle des gelösten Stoffes beim Rückprall von der halbdurchlässigen Wand den Molekülen des Lösungsmittels eine nach innen gerichtete Bewegungskomponente erteilen und daß dadurch die Moleküle des jenseits der Wand befindlichen reinen Lösungsmittels angeregt werden, durch die Wand hindurch in die Lösung einzudringen, für gänzlich verfehlt und unhaltbar. Man bedenke doch, daß die Moleküle des gelösten Stoffes mit der nämlichen Geschwindigkeit auf die halbdurchlässige Wand zufliegen, wie sie von ihr fortfliegen. Wenn sie also wirklich den Molekülen des Lösungsmittels durch Anstoß eine Bewegung erteilen, so ist diese Bewegung ebensowohl gegen die Wand hin nach außen als von der Wand fort nach innen gerichtet. Es ist überhaupt grundsätzlich unmöglich, aus den Bewegungen der gelösten Moleküle, die doch nach allen Richtungen hin gleichmäßig erfolgen, einseitig gerichtete Stoßwirkungen auf die Moleküle des Lösungsmittels abzuleiten.“ — Max Planck schreibt weiter: „Ich halte die übersandte Arbeit für einen wesentlichen Schritt vorwärts in dem lange Zeit so undurchdringlich erscheinenden Gebiet der Atomistik der Lösungskräfte. Ich bin daher überzeugt, daß sie der wissenschaftlichen Forschung eine wertvolle Hilfe bringt.“ — Diesen Ausführungen brauche ich keinen Kommentar hinzuzufügen.

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Eine ausführlichere Darstellung der im folgenden behandelten Unterdrucktheorie des osmotischen Druckes, in der auch die historische Entwicklung der Theorie der verdünnten Lösungen geschildert und in der vor allem auch die Ergebnisse der experimentellen Messungen eingehend behandelt werden, erscheint demnächst a. a. O. gemeinsam von Karl Fredenhagen, Walter Hückel u. Gerhard Jung. Referat siehe ZS. f. angew. Chem.45, 113, 1932.

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Fredenhagen, K. Über das Zustandekommen des osmotischen Druckes und seine theoretische Berechnung. Z. Physik 87, 62–77 (1934). https://doi.org/10.1007/BF01338450

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