Zusammenfassung
Anorganische Salze, Säuren, Basen sowie Urethane, Saponin, Zucker und Alkaloide und vergleichsweise auch Röntgenstrahlen wurden in ihrer Einwirkung auf die Meiosis vonOenothera untersucht. Die Betrachtung der Chiasmabildung und des Mutationsgeschehens erbrachte folgende Ergebnisse:
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1.
Anorganische Salze erniedrigen allgemein die Chiasmafrequenz nach Untersuchungen an der Diakinese. Dabei besteht keine Konzentrationsabhängigkeit, vielmehr genügt die Überschreitung einer bestimmten Schwelle, um eine Reaktion auszulösen, über die hinaus kein nennenswerter weiterer Erfolg mehr eintritt. Differenzen unter den gebotenen Stoffgruppen bestehen hinsichtlich der absoluten Höhe der Chiasmenfrequenz, denn Stickstoffverbindungen und Aluminiumsalze zeichnen sich durch auffallend kräftige Wirkung aus.
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2.
Die Konzentration der Wasserstoffionen hat keinen besonderen Einfluß und schwache Säuren und Basen, in ertragbaren Konzentrationen geboten, wirken schwächer als manche Neutralsalze.
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3.
Die organischen Verbindungen zeigen keinen besonders nachdrücklichen Einfluß auf die Chiasmenhäufigkeit, wohl aber besitzen, sie eine mehr oder weniger kräftige mutagene Wirkung.
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4.
Temperatur- und Schockversuche ergaben Veränderungen in der Anzahl der gebildeten Chiasmen, wobei die Länge der Intervalle und die Anzahl der applizierten Schocks eine Rolle spielen.
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5.
Für fast alle mutagenen Agenzien, anorganische wie organische Verbindungen und auch für die Röntgenstrahlen konnte eine auffallende Erhöhung der Streuung in der Chiasmenformation nachgewiesen werden, wobei die einzelnen Individuen eines Versuchs ein unterschiedliches Verhalten zeigen.
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6.
Paralleluntersuchung von Chiasmafrequenz und Mutationsrate an den reziproken Bastarden erbrachte keine gleichsinnige Veränderung der beiden Phänomene. Auch aus der Zusammenfassung aller 118 Versuche ergab sich keine Korrelation zwischen Chiasmenbildung und Mutationsgeschehen.
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7.
Es wird darauf hingewiesen, daß die Einwirkung von Chemikalien auf das komplizierte Stoffwechselgefüge einer lebenden Pflanze komplexe und vielfältige Reaktionen erzeugen kann, von denen sekundäre Einflüsse auf Chiasmenbildung und Mutationsgeschehen erfolgen können.
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Linnert, G. Der Einfluss von Chemikalien auf Chiasmenbildung und Mutationsauslösung bei Oenothera. Chromosoma 5, 428–453 (1953). https://doi.org/10.1007/BF01271496
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