Zusammenfassung
Die Untersuchung behandelt die Steuerung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme mit ihren objektiven und subjektiven Symptomen, vergleicht die auf Konstanz der Zellversorgung gerichtete Regelung mit den Maßnahmen zur Steuerung des Lufthungers und unterscheidet als mitwirkende Faktoren (Stufen, Instanzen): den Gewebshunger, der durch den Zellstoffwechsel entsteht, den humoral-hormonalen Hunger, der den Stoffwechselzentren mittels der Blutbeschaffenheit den jeweiligen Bedarf anzeigt, den reflektorischen Hunger, der von Mundhöhle und Verdauungswegen her den Zentren die Afferenzen und Reafferenzen zuführt, den diencephalen Hunger der Stoffwechselzentren im Zwischenhirn, wo alle die verschiedenen Zuflüsse zusammenmünden, und den kortikalen Hunger, der die auf weite Sicht vorbereitende Zufuhr regelt und gewöhnlich an Stelle des Hungers den Appetit setzt. Die ineinandergreifenden Instanzen bilden ein einheitliches System, analog dem Instanzenweg, der für das Schmerzgeschehen ausgearbeitet war. Die in Drang, Zwang, Trieb und Instinkt sich äußernden Verhaltensweisen erfahren ihre psychische Innenseite und innere Repräsentation im subjektiven Hunger, der den Erregungsgrad jener Stoffwechselzentren als Gesamtzustand zusammenfaßt und dem Subjekt die jeweilige Bedarfsdringlichkeit im Zusammenhang mit anderen situationsgebundenen und urtümlichen lebenserhaltenden Notwendigkeiten zu erleben und abzuwägen gestattet. Das Hungergefühl, ergänzt durch seine Gegensätze (Sättigung, Übersättigung, Widerwillen, Übelkeit, Ekel, Abscheu), tritt in die größere Gemeinschaft mit den körperlichen und seelischen Gefühlen, Stimmungen, Gemütsbewegungen und Affekten der Selbst- und Arterhaltung, die ebenfalls in Kontrastpaaren auftreten und bildet ein Konsortium mit den Affekten des Angriffs (Wut, Zorn) und der Flucht (Furcht, Angst), der Zugänglichkeit und Unzugänglichkeit (Wachen und Schlaf), der Temperaturkonstanz (Frost und Schwüle), des Geschlechtshungers und der sozialen Instinkte.
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Vortrag in der Gesellschaft zur Erforschung des neurovegetativen Systems, gehalten am 18. Mai 1954 in Wien.
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Ebbecke, U. Hunger, Durst, Sättigung, Übelkeit, Ekel von der physischen und der psychischen Seite betrachtet. Acta Neurovegetativa 10, 409–428 (1955). https://doi.org/10.1007/BF01227086
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01227086