Zusammenfassung
Die zahlreichen Vorgänge, welche beim Zustandekommen einer Thrombose wie einer Embolie beteiligt sind, stellen ein so komplexes Geschehen dar, daß eine Bewertung einzelner Gesichtspunkte nur zum Teil und auch nur mit einem größeren Aufwand möglich ist. In eingehenden Erhebungen an einem großen Material wurde untersucht, welches Ausmaß dieses Problem überhaupt für die Frauenheilkunde hat und wieweit es mit Hilfe moderner statistischer Untersuchungsmethoden möglich ist, eine Reihe von Teilfragen soweit aufzuklären, daß dadurch tatsächlich gewisse verallgemeinerungsfähige Rückschlüsse hinsichtlich Therapie, Prognose und Behandlung möglich sind.
Eigene Versuche einer schematischen Darstellung des Gesamtkomplexes lassen erkennen, daß hier nicht nur die Vielfalt, sondern vor allem die Polyvalenz der Gesichtspunkte jeder uniformierten Betrachtungsweise im Wege stehen muß und für die Beweiskraft statistischer Untersuchungen nicht nur der Umfang, sondern weit mehr noch die Form der Berechnung von Wichtigkeit ist.
Diese Voraussetzungen konnten vorwiegend an unserem eigenen Material erfüllt werden. Wo hier Lücken bestanden, konnte dieses durch berechnungsfähiges Material aus wesentlichen Veröffentlichungen des Schrifttums sehr wertvoll ergänzt werden.
Es stellte sich heraus, daß eine fast überraschende Gleichförmigkeit der Thromboemboliefrequenz besteht, welche nur durch wirklich einschneidende Ereignisse eine signifikante Beeinflussung erfährt. Den wenigen Einzelumständen, welche sich in gesichertem Ausmaß als hervorstechend (aber keineswegs mehr als das) manifestierten, stehen eine große Anzahl latenter Faktoren zur Seite, die sich weder statistisch isolieren lassen noch klinisch in isolierter Form entscheidend in Erscheinung treten dürften. Meist aber liegen sowohl manifeste als auch latente Faktoren in ihren vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten so inmitten des therapeutischen Geschehens verankert, daß sich eine Berücksichtigung derselben in prognostischer wie in prophylaktischer Hinsicht meist weder ermöglicht noch überhaupt lohnt.
Wegen des starken überwiegens der an Carcinom erkrankten und deswegen operierten Frauen unter den tödlichen Lungenembolien geht man kaum zu weit, wenn man in der Frauenheilkunde die tödliche Lungenembolie praktisch letzten Endes als eine der Todesursachen krebskranker Frauen auffaßt. Da sich die wenigen übrigen Embolietodesfälle nach dem heutigen Stand der Dinge auch im engsten mathematischen Sinne als Zufallsprodukte erweisen, halten wir gerade im Hinblick auf die modernen, guten Behandlungsmöglichkeiten der Thrombose einerseits und der Aussichtslosigkeit einer stichhaltigen Embolieprognose und damit auch wirksamen Prophylaxe andererseits eine Rücksichtnahme auf irgendwelche verschwommenen Theorien kaum für gerechtfertigt. Eine trotz der gemeinsamen Provenienz mehr als berechtigte begriffliche und auch klinisch praktische Trennung des sich immer breiter erschließenden Thrombosekomplexes gegenüber dem nahezu unzugÄnglichen Embolie-komplex scheint uns am besten geeignet, manche schwierige Entscheidung zu erleichtern und einer Lähmung unserer Initiative im Hinblick auf ein notwendiges operatives Vorgehen zweckmäßig zu begegnen.
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Herrn Professor Dr. G.Döderlein zum 65. Geburtstag.
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Niedner, K., Jäger, G. Die Bedeutung der Thromboembolieerkrankung in der Frauenheilkunde. Arch. Gynak. 191, 169–200 (1958). https://doi.org/10.1007/BF00976990
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