Über Gewebsreaktionen der menschlichen Brustdrüse bei Leukämien

Zusammenfassung

Unter der Arbeitshypothese, daß dem sog. Mantelgewebe der Mamma eine besondere Reaktionsbreite und Jugendlichkeit innewohnen könnte, wurden die menschlichen Brustdrüsen bei leukämischen Erkrankungen einer systematischen Untersuchung unterzogen.

Auf Grund von 33 einschlägigen Fällen, von denen nur 2 sichtbare tumorartige Brustdrüsenvergrößerungen, die übrigen jedoch makroskopisch völlig unauffällige Mammae aufwiesen, stellten sich folgende charakteristische Veränderungen des mesenchymalen Brustdrüsen-anteils heraus:

• 1. Bei myeloischen Leukämien fanden sich in großer Zahl — bei den akuten Formen häufiger und stärker als bei den chronischen — extramedulläre Blutbildungsherde im Bindegewebskörper der Mamma. Der Einfluß von Alter, Geschlecht, Therapie u. a. wird diskutiert. Die jüngeren Altersklassen und das weibliche Geschlecht wiesen die stärksten Blutzellherde auf, zwei Fälle besonders starker Myelopoese waren mit Schwangerschaft kombiniert. Die extramedullären myeloischen Blutzellherde liegen vorwiegend im Mantelgewebe, seltener im perivasculären interstitiellen Stützgerüst, wonach als primärer Ursprungsort der örtlichen Blutbildung das Mantelgewebe angesprochen wird. Das cytologische und strukturelle Bild dieser Blutbildungsherde weist einen organoiden Aufbau mit eigenem Gitterfasergerüst auf und läßt alle Zwischenformen von Reticulumzellen über Blutstammzellen bis zu Myeloblasten und Myelocyten erkennen.

• 2. Bei den Lymphadenosen besteht dagegen nur in einzelnen Fällen eine geringe rundzellige Infiltration ohne organoiden Aufbau. Die unterschiedliche Bedeutung dieser Befunde wird erörtert.

• 3. Die Blutzellherde bei den Myelosen werden als autochthon entstandene, extramedulläre metaplastische Myelopoesen angesehen, nicht dagegen als metastatische Absiedlungen.