Zusammenfassung
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1.
Als nephrotische Prozesse werden zwei ihrem Wesen nach ganz verschiedene Veränderungen der Niere bezeichnet, einmal solche, die auf erhöhter Permeabilität der Glomerulumschlingen für Blutplasmastoffe beruhen, die unter normalen Verhältnissen das Capillarfilter nicht passieren können, und zweitens degenerative Veränderungen an den Tubulus-epithelien, die Phasen auf dem Wege der Nekrobiose darstellen, aber unter Umständen auch rückbildungsfähig sind.
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2.
Beide Gruppen von Veränderungen können als Folgen von Kreislaufstörungen allgemeiner oder lokaler Art entstehen.
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3.
Es wird am Beispiel der operativ entfernten Niere dargestellt, wie die Unterbindung des Nierenstiels (wahrscheinlich mit vorausgehender Reizung der in ihm verlaufenden Gefäßnerven) zum Austritt von Plasmaeiweiß in die Bowmanschen Kapseln führt, ein Vorgang, der sich auch im Tierversuch nachahmen läßt. Länger dauernde Unterbrechung des Kreislaufs hat neben Permeabilitätsstörungen degenerative Veränderungen im tubulären Apparat mit Nekrosen, Zellabstoßungen, Verkalkungen, Bildung unvollständiger oder vollständiger Infarkte zur Folge.
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4.
Die Ausscheidung von Plasmaeiweiß in den Glomerula kann zum Bilde der hyalintropfigen Speicherung in den Kanälchen führen. Diese ist also nicht an die Anwesenheit plasmafremder Eiweißkörper gebunden. Es wird eine Beobachtung beim Menschen mitgeteilt, bei der es nach vorübergehender Drosselung oder Aufhebung der Durchblutung zu besonders hochgradigen Eiweißdurchtritten und Speicherungen in den Kanälchenepithelien gekommen war.
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5.
Die Erfahrungen im Tierexperiment machen es wahrscheinlich, daß nicht jede hyalintropfige Veränderung auf einer aktiven Speicherung beruht, sondern daß es neben dieser auch eine Form des Zellunterganges gibt, die mit dem Auftreten gleicher hyaliner Tropfen im Protoplasma einhergeht (hyalintropfige Degeneration).
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6.
Die gewöhnlich als Kalkzylinder bezeichneten Ausfüllungen der Markkanälchen bestehen aus Proteinen und Lipoiden. Sie sind als Folgen des Durchtrittes von Blutplasmastoffen in die Glomerulum-kapseln und Kanälchen infolge finalen Versagens des Kreislaufs anzusehen und deshalb als Kollapszylinder zu bezeichnen.
Literatur
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Staemmler, M., Karhoff, B., Herink, M. et al. Die akuten Nephrosen. Virchows Arch. path Anat. 330, 296–315 (1957). https://doi.org/10.1007/BF00954961
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