Zusammenfassung
Zernike undPrins sowieDebye undMenke haben gezeigt, wie man aus dem Röntgenbeugungsbild eines einatomigen amorphen Körpers (Flüssigkeit oder amorpher Festkörper) eine Abstandsstatistik der Atome erhalten kann. In einer Untersuchung des Verfassers aus dem Jahre 1933 wurde eine modellmäßige Deutung derDebye-Menkeschen Abstandsstatistik für flüssiges Quecksilber unter Zugrundelegung eines Postulates gegeben, wonach die Atomanordnung in der Flüssigkeit aus der eines Kristallgitters in der Weise hergeleitet werden kann, daß man jedem Atom relativ zu seinen Nachbarn eine Verschiebung von bestimmter mittlerer Größe erteilt. Dadurch werden Gittergeraden zu irgendwie verkrümmten Linien, zum Unterschied vom wärmeschwingenden Kristall, wo die Teilchen relativ zu den untereinander ein exaktes Kristallgitter bildenden Ruhelagen schwingen. Die relative Verschiebung zweier Teilchen wächst so in der Flüssigkeit mit der Entfernung, während sie im Kristall über die doppelte Schwingungsamplitude nicht hinausgeht.
Abstandsstatistiken, die neuerdings vonGeiling undGlocker für zwei Typen von Aluminiumhydroxydgelen aufgestellt wurden, konnten in analoger Weise als verwackelte, hexagonal dichteste und kubisch dichteste Packung gedeutet werden. Es ist damit das Zutreffen des eingangs gegebenen Postulates über das Wesen der “quasi kristallinen” Flüssigkeitsstruktur neuerlich unter Beweis gestellt und zugleich ein Weg gewiesen, den speziellen, einer einfachen Flüssigkeit bzw. einem einfachen amorphen Körper zugrunde liegenden “Gittertypus” aufzuklären.
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Mit 5 Abbildungen
Z. Elektrochem. angew. physik, Chem.49, 269 (1943).
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Kratky, O. Die Struktur amorpher Festkörper. Monatshefte für Chemie 76, 311–318 (1947). https://doi.org/10.1007/BF00898981
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