Zusammenfassung
BeiOenothera sind, durch die Eigenart der Komplexheterozygotie bedingt, schon öfter “Mutationen” beschrieben worden, bei denen es sich tatsächlich aber nur um das Homozygotwerden eines längst rezessiv vorhandenen Faktors auf dem Wege des Crossing-overs handelte. Für das plötzliche Herausspalten von Pflanzen mit extrem sepaloiden Petalen, d. h. mit kelchblattartiger Krone, in F2 vonOe. coronifera x purpurata St. (quaestipurpurata x selbst) kann eine solche Ursache ausgeschlossen werden, da weder derPurpurata-Vater, noch diecoronifera-Mutterpflanze das Sepalodiemerkmal enthält, wie Selbstung von Geschwisterpflanzen, Rückkreuzung und Neuherstellung der Verbindung zeigte.
Das neue Sepalodie-Merkmal ist durch spontane Mutation entweder einer Einzelgone der Ausgangspflanzen oder, was wahrscheinlicher ist, nur der einenquaestipurpurata-Pflanze, entstanden. Für die Mutationsauslösung dürfte Samenalterung verantwortlich zu machen sein.
Da die Spaltung normalkronig-sepaloid in F2 vonquaestipurpurata beobachtet wurde, die Chromosomen vonquaestipurpurata aber in der Diakinese einen Ring von 8 Gliedern und 3 Bivalente bilden und derquaerens-Rest homozygot nicht zu verwirklichen ist, kommt als Ort der Mutation und damit als Lage des neuen Faktors nur ein Chromosom der 3 Bivalente 1·2, 5·6, 7·10 in Frage. Zu entscheiden wäre noch, ob es sich um ein Chromosom ausquaerens oderpurpurata handelt.
Die Zahlenverhältnisse der Spaltung lassen auf eine monofaktorielle Bedingtheit sepaloider und normaler Petalenform schließen.
Das neue Merkmal, das aus der Verbindung zweier, normale Kronenform vererbender Komplexe hervorging, wirdsep (für sepaloid), sein AllelSep (= +sep) genannt;sep verhielt sich in allen 51 geprüften Kombinationen mit normalkronigen Arten völlig rezessiv und damit genan so, wie dies für dencruciata-Charakter vonEpilobium hirsutum cruciatum, nicht aber für denjenigen vonOenothera beschrieben ist. Irgendwelche Übergänge zwischen sepaloiden und normalkronige Bezirken innerhalb derselben Pflanze oder gar derselben Blüte und desselben Petalums, wie sie bei Kreuzungen zwischen cruciat und normalkronig beiOenothera sehr häufig sind, wurden hier nirgends gefunden.
Der morphologisch-histologische Aufbau und der Entwicklungsrhythmus der sepaloiden Petalen ist mit demjenigen der Sepalen völlig identisch; die normale Petalenbildung wird dann übersprungen, während Andrözeum und Gynözeum wieder völlig normal ausgebildet werden und zu normaler Fertilität der Mutante führen.
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Die Reihe “Über den Erbgang dessepalodie- und descruciata-Merkmals derOenotheren” sei dem Gedächtnis meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr.O. Renner, gewidmet.
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Rossmann, G. Über den Erbgang desSepalodie-und desCruciata-Merkmals derOenotheren . Zeitschrift für Vererbungslehre 94, 19–28 (1963). https://doi.org/10.1007/BF00895155
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