Zusammenfassung
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1.
Es wurde experimentell festgestellt, daß Flüssigkeitsbestandteile (Diatomeen) postmortal im Gegensatz zu der bisher herrschenden Auffassung in die Peripherie der Lungen vordringen können, insbesondere dann, wenn die Leichen im Wasser bewegt werden oder wenn ein höherer Wasserdruck auf ihnen ruht.
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2.
Nachdem vorher tierexperimentell festgestellt worden ist, daß Diatomeen während des vitalen Ertrinkungsvorganges in die Organe des großen Kreislaufes, insbesondere in die Herzmuskulatur, in die Leber und in das Gehirn vorzudringen pflegen, wurde unser Material an Wasserleichen einschlägig untersucht. Die Leichen stammten aus dem Neckar, aus dem Rhein oder aus der Weser. Unter 23 Leichen fanden sich 18mal Diatomeen im großen Kreislauf, 4mal war dies nicht der Fall; hier handelte es sich 2mal um einen offensichtlichen Badetod, im 3. Fall um die Leiche einer Frau, die zunächst vom Ertrinkungstode gerettet war, aber 1 Std später starb, und im 4. Falle um eine Säuglingsleiche aus der Weser, über deren Vorgeschichte nichts zu erfahren war. In der Peripherie der Lungen wurden immer Diatomeen vorgefunden, bis auf eine Ausnahme (diatomeenarme Zeit).
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3.
Für die Diagnose des Ertrinkungstodes muß das Forschen nach Diatomeen in den Organen desgroβen Kreislaufes empfohlen werden. Der positive Befund ist auch bei alten Wasserleichen beweisend, der negative sagt nichts; doch sind die Aussichten, Diatomeen im großen Kreislauf zu finden, bei Vorliegen eines Ertrinkungstodes nach unseren Erfahrungen nicht schlecht. Man muß sehr sauber vorgehen und jeweils mindestens 25–30 g organische Substanz zerstören.
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4.
Es werden Ratschläge erteilt, wie man die Entstehung störender Kristallbildungen bei der Zerstörung der organischen Substanz von Leichen älterer Personen vermeiden kann (Silikate und Kristalle von Calciumsulfat).
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Mueller, B. Zur Frage der Diagnostik des Ertrinkungstodes. Dtsch. Z. ges. gerichtl. Med. 41, 400–404 (1952). https://doi.org/10.1007/BF00666777
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