Forensisch-psychiatrische Beurteilung und Psychopathologie der Narkolepsie

Zusammenfassung

Anhand von sechs Narkolepsiefällen wurde der Frage nach den psychopathologischen Veränderungen, der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Kranken und den zivilrechtlichen Konsequenzen des Leidens nachgegangen.

Es wird die Auffassung vertreten, daβ Zurechnungsunfähigkeit (§ 51 Abs. 1 StGB) bei Tätern, deren Straftaten als mittelbare oder unmittelbare Anfallsfolge zu beurteilen sind, anzunehmen bzw. nicht auszuschlieβen ist.

Bei den Delikten, die als Symptom der krankheitsspezifischen Persönlichkeitsnivellierung und Affektivveränderung zu gelten haben, muβ sich die Beurteilung der Delinquenten nach der Ausprägung des klinischen Bildes und dem Vorhandensein eventueller konstellativer Faktoren richten.

Übertretungen, Vergehen oder Verbrechen können sowohl Folge eines Anfalls, als auch eines diencephal-hirnlokalen Psychosyndroms sein und — z.B. bei mehreren Delikten — zu einer unterschiedlichen Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen.

Die kriminogene Bedeutung der Narkolepsie erweist sich letzten Endes als abhängig von dem Wirkungsgrad des hirnorganischen Krankheitsprozesses auf jene cerebralen Strukturen, die für das Zustandekommen und die Ausgestaltung des individuellen Verhaltens entscheidend sind.

Abschlieβend erfolgt ein Hinweis auf den oft übersehenen zivilrechtlichen Aspekt der Narkolepsie und die Notwendigkeit differentialdiagnostischer Erwägungen bei jedem organ-psychisch veränderten Probanden mit unklaren Müdigkeits-oder Anfallserscheinungen in Analogie zu den mitgeteilten Krankheitsfällen.

Summary

The study is concerned with six cases of narcolepsy. It deals with the psychopathology and the attacks of narcolepsy, as well as both criminal and civil evaluation in court.

In assessing the criminal cases there are two distinctions to be made

• 1. in consequence of the organic change in the personality,

• 2. in consequence of the after-effect of the attack.

In many cases these delicts are the consequence of both factors.

The criminogen importance of carcolepsy is related to the effect the disease has on the primary character.

The assessment of the degree of responsibility under the criminal law depends on the clinical pattern of the patient, the circumstances of the criminal action and possible constellative factors.