Zusammenfassung
Den Begriff der traumatischen Spätapoplexie fassen wir wie den Schlaganfall als rein klinisches Syndrom auf, welches sich dadurch auszeichnet, daß nach einem längeren Abstand von einem Kopftrauma akute Störungen des Bewußtseins mit cerebralen Herdzeichen auftreten, die mit dem früheren Unfall in ursächlichem Zusammenhang stehen. Nicht dazu rechnen wir die in den ersten Tagen oder Wochen nach dem Trauma mit einem Intervall apoplektiform in Erscheinung tretenden Unfallfolgen wie epi- oder subdurale bzw. intracerebrale Hämatome, traumatische Carotisthrombosen, intrakranielle Phlebothrombosen. Zur Klärung des einer traumatischen Spätapoplexie zugrunde liegenden pathologischen Geschehens ist bei letalem Ausgang stets eine subtile Autopsie erforderlich. Wird der Insult überlebt, so ist in jedem Falle eine angiographische Abklärung indiziert, da nur mit dieser Untersuchungsmethode in vielen Fällen eine Diagnose zu erbringen und eine unfallfremde Erkrankung auszuschließen ist. Die Hirngefäßkontrastdarstellung stellt bei sachgerechter Durchführung keine besondere Belastung dar und ist durchaus zumutbar.
Die klinische Realität einer traumatischen Spätapoplexie wird am Beispiel eines 22jährigen Mannes demonstriert, der bei einem Motorradunfall schwere Gesichts- und Hirnschädelverletzungen mit einem traumatischen Aneurysma der rechten A. carotis interna erlitt. Ein Jahr später trat ein Insult ein, der auf einen von diesem Aneurysma ausgehenden embolischen Verschluß der rechten A. cerebri media zurückzuführen war. Der Verletzte überlebte mit weitestgehender Restitution.
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Isfort, A. Ein Beitrag zur traumatischen Spätapoplexie. Dtsch. Z. ges. gerichtl. Med. 53, 154–162 (1963). https://doi.org/10.1007/BF00573381
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