Zusammenfassung
Die Zahnanlagen von menschlichen Neugeborenen, die an Epidermolysis bullosa, Rhesus-Inkompatibilität und multiplen Mißbildungen verstorben sind, wurden untersucht und die Befunde mit denjenigen an Zahnanlagen eines Falles von Rubeolenembryopathie verglichen. Die allen vier Fällen gemeinsamen Veränderungen haben uns zu folgenden Ergebnissen geführt, welche die von der ursächlichen Noxe unabhängige Reaktionsweise einer Zahnanlage charakterisieren: die Derivate des Schmelzorgans erweisen sich, entsprechend ihrer hohen Empfindlichkeit, als am meisten geschädigt. Die Zahnkronen, an welchen die Hartsubstanzbildung zuerst in Erscheinung tritt und ihre maximale Entfaltung erreicht, gelten als besonders betroffen. Die Adamantoblasten sind dort am stärksten geschädigt, wo Hartsubstanzbildung im Gange war. Als Zeichen einer beschleunigten Rückbildung des Schmelzorgans fällt das aktive und vorzeitige Eindringen von Gefäßen durch das äußere Schmelzepithel in die Schmelzpulpa auf. Für jeden einzelnen Fall haben wir dazu folgende typische Befunde erhoben: bei der Epidermolysis bullosa das Vorhandensein von Schmelzkugeln, einer stärksten Involution und Degeneration der Schmelzpulpa und einer gestörten Aktivität des inneren Schmelzepithels, die auf einen primären Schaden des Schmelzorgans als eines ektodermalen Derivates hinweisen. Bei der Rhesus-Inkompatibilität scheinen die Veränderungen (im Vordergrund stehen Schmelzhypo- und Dysplasie) auf Schädigungen der Blutgefäße infolge Antigen-Antikörperreaktionen zu beruhen. Im Fall von multiplen Mißbildungen haben wir an Incisivi und Canini eher die Wirkung eines erblichen Faktors erblickt (Veränderungen des Schmelzorgans, Schmelzhypoplasie); an den Molaren stehen Schäden im Vordergrund, die als Resultat von weitgehend gestörten Störungsverhältnissen innerhalb des Gefäßsystems zu deuten sind. Typisch für diesen Fall sind die Veränderungen an den Odontoblasten. Bei der Rubeolenembryopathie bestand der schwerste Befund im vollständigen Fehlen jeder Spur einer zweiten Dentition, inklusive 6-Jahr-Molaren. Die Milchzähne zeigen typische Schäden der ektodermalen Derivate.
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Muggiasca, F. Vergleichende Studie angeborener Zahnmißbildungen. Z. Anat. Entwickl. Gesch. 123, 428–448 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00531071
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