Zusammenfassung
Bei weißen Ratten wurde durch dauernde Abspreizung der Unterschenkelstreckmuskulatur ein fest verspanntes und damit ruhig stehendes Kollagenmaschenwerk erzeugt. In diesem und auf der Tibiaoberfläche kam spongiöser Knochen zur Ablagerung, welcher in Form und Ausdehnung den von Frakturen her bekannten Spongiosakeilen weitestgehend entspricht.
Die Größe dieser experimentell erzeugten Spongiosakeile hält sich genau an die von Anfang an durch die mechanischen Verhältnisse gesetzten Grenzen, welche niemals überschritten werden. Die Innenstruktur dieser Gebilde wird durch die Form des durch die Versuchsanordnung hergestellten Lehrgerüstes bestimmt. Die von Pauwels für die enchondrale Verknöcherung aufgestellte Behauptung, daß Knochen nur an vor mechanischen Beanspruchungen geschützten Stellen entstehen könne, gilt auch für den Vorgang der desmalen Verknöcherung.
Die in den Versuchen beobachteten Gewebeformen (Faserknochen, groß-blasiger, grundsubstanzarmer Faserknorpel und Chondroidknochen) lassen sich kausalgenetisch von den mechanischen Verhältnissen ihres Fundortes ableiten.
Die Notwendigkeit einer kontraktionsfähigen Muskulatur sowie eines zusätzlichen Kalkangebotes an das Gewebe zur Erzeugung periostalen Knochens bzw. zur Callusbildung konnten ausgeschlossen werden.
Die sich im Bereiche der Ranvierschen Encoche abspielenden Verknöcherungsvorgänge entsprechen den in der vorliegenden Versuchsreihe beobachteten. Die hier wie dort sich herausdifferenzierenden Gewebearten (Faserknochen, Chondroidknochen und basophile Inseln) lassen sich entstehungsgeschichtlich aufeinander direkt vergleichbare, mechanische Momente zurückführen.
Größe und Beschaffenheit des Frakturcallus, die Ausdehnung sog. parostaler Callusmassen sowie die Entstehung von Knochenauflagerungen, besonders an spastisch gelähmten Gliedern, hängen nicht vom Stoffwechsel des Knochens und der Muskulatur ab, sondern lassen sich auf mechanisch erklärbare Ursachen zurückführen.
Literatur
Benninghoff: Lehrbuch der Anatomie, Bd. I. 1942.
Krompecher: Die Knochenbildung. Jena 1937.
Lubosch: Z. mikrosk.-anat. Forsch. 12, 279 (1928).
Oberdalhoff: Chirurg 17/18 (1947).
—: Arch. klin. Chir. 26, 109 (1947).
Partsch: Dtsch. Z. Chir. 187 (1924).
Pauwels: Verh. orthop. Ges. 34. Kongreß Berlin 1940.
Pochhammer: Arch. klin. Chir. 94, 352 (1911).
Rehn: Arch. klin. Chir. 127, 640 (1923); 133, 410 (1924).
Schaffer: Arch. mikrosk. Anat. 32, 266 (1889).
Weidenreich: Z. Anat. u. Entw.gesch. 69, 382 (1923).
Weidenreich: Handbuch der mikroskopischen Anatomie, Bd. 2. 1930.
Wurmbach: Z. Zool. 129 (1927); 132 (1928).
Zawitsch-Ossenitz, Carla: Z. mikrosk.-anat. Forsch. 10, 473 (1927).
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Mit 18 Textabbildungen.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Altmann, K. Experimentelle Untersuchungen über mechanische ursachen der Knochenbildung. Z. Anat. Entwickl. Gesch. 114, 457–476 (1950). https://doi.org/10.1007/BF00525206
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF00525206