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Die Konzeption von Kompression, Hypoxie und konsekutiver Mucopolysaccharidbildung in der Kausalen Analyse der Chondrogenese

Biophysikalische Versuche als Kritik der “hydrostatischen” Theorie von Pauwels

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Zusammenfassung

Es wird eine Konzeption dargestellt, wonach die Neodifferentiation des Knorpels — verfolgt in ihrem Werdegang — als eine Adaptationserscheinung an die Änderung des lokalen Stoffwechsels betrachtet wird, deren wesentliches kausales Motiv die lokale Kompression der Capillaren ist. Es wird auf die diesbezüglichen eindeutigen histologischen, biophysikalischen, histochemischen, biochemischen und Stoffwechseluntersuchungen Bezug genommen, insbesondere, daß eine lokale Hypoxie zu einer Mucopolysaccharidbildung führt, in diesem Falle zur Bildung von Chondroitinsulfat, dem wesentlichen Baustein des Knorpels. Dabei wurde beobachtet, daß der Gefäßverschluß nicht gleichzeitig, sondern die aufeinanderfolgenden Schichten (Höhen) des Granulationsgewebes stufenweise betreffend erfolgt. F. Pauwels suchte diese Konzeption durch die Heranziehung jener mechanischen Regel zu entkräften, wonach dort ein hydrostatischer Druck herrsche, der in jeder Höhe des Gewebes die gleiche Größe haben müßte. Das hydrostatische Prinzip von Pascal ist gültig für Gase und Flüssigkeiten, die sich in einem abgeschlossenen Raum befinden. Das Granulationsgewebe jedoch ist keine Flüssigkeit und befindet sich nicht in einem abgeschlossenen Raum. Aus diesen Gründen können die Regeln der Hydrostatik auf das bereits strukturierte Granulationsgewebe nicht bezogen werden. Damit ist das Argument von F. Pauwels entkräftet. Überdies belegen eine Reihe von biophysikalischen Versuchen an Gelatinemodellen, daß in verschiedenen Höhen des Gewebes die Kompression der Gefäße jeweils verschieden ist. Auch Experimente und Berechnungen mit Wasser, Gelatine-Sol, Gelatine-Gel und Kupfer, anderseits die umschriebene anämische Stelle nach einem Fingerdruck zeigen, daß für lebende menschliche Gewebe, die mit Blutgefäßen durchwoben sind, und die ein offenes, biologisches System bilden, nicht die für Wasser (im geschlossenen System) gültigen physikalischen Gesetze gültig sind, sondern mannigfältige biophysikalische Gesetze. Somit ist der Streit — ob Druck-, Scherwirkung oder Dehnung zu Knorpelbildung führen — überholt: die vorzüglich durch Druck hervorgerufene lokale Hypoxie und die dadurch hervorgerufenen Stoffwechseländerungen führen an gewissen Stellen zur Knorpelbildung, und letzten Endes alle jene Faktoren, die eine Gefäßverengerung, einen Capillarverschluß zur Folge haben, führen — soweit nicht eine sofortige Desintegration des betreffenden Gewebes erfolgt —zur Ausbildung “bradytropher” Gewebe, für die das Fehlen von Blutcapillaren und ein niedriger Stoffwechsel bezeichnend sind. Der mono- oder oligomethodischen (allein technischen) Forschungsweise gegenüber wird die Notwendigkeit der möglichst polymethodischen (s. oben) Forschungsweise in den Vordergrund gebracht.

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Krompecher, S., Tóth, L. Die Konzeption von Kompression, Hypoxie und konsekutiver Mucopolysaccharidbildung in der Kausalen Analyse der Chondrogenese. Z. Anat. Entwickl. Gesch. 124, 268–288 (1964). https://doi.org/10.1007/BF00523585

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