Zusammenfassung
Die Erythroblastämie als Ausdruck einer Erythroblastose beim Neugeborenen kann sowohl Folge der bekannten Blutfaktoren-Inkompatibilität als auch zahlreicher anderer Ursachen sein. Am Beispiel einer eigenen Beobachtung wird auf die ätiologische Bedeutung des mütterlichen Diabetes mellitus für das Zustandekommen einer Neugeborenen-Erythroblastose hingewiesen. Trotz einer auffallenden Ähnlichkeit der Symptomatologic dieser „diabetogenen Erythroblastose” (hohe Fetalund Frühmortalität, Mißbildungen, Makrosomie, Splanchnomegalie, Pseudohydrops cong., Milz- und Lebertumor, erhebliche Erythroblastose und Erythrocytenphagocytose, hämorrhagische Diathese neben anderen Blut- und blutchemischen Befunden) mit der bei den hämolytischen Fetosen, sind beide Krankheitsbilder auch klinisch voneinander abzugrenzen, da das hämolytische Syndrom (Anämie, Icterus gravis, Bilirubinämie) bei der diabetogenen Erythroblastose meist fehlt.
Die mögliche Allergenfunktion der im mütterlichen Blut nachgewiesenen Präcipitine wird diskutiert.
Als wichtigstes pathogenetisches Prinzip gilt die auch schon während der prädiabetischen Periode fixierte, diabetogene, hormonale Dysfunktion bei der Mutter und nicht die KH-Stoffwechselstörung, weil die embryonale Schadenseinwirkung schon vor Manifestierung des mütterlichen Diabetes nachweisbar ist und durch optimale Einstellung des KH-Stoffwechsels mit Insulin nicht verhindert werden kann. Da mit prophylaktischer Hormonsubstitutionstherapie bei der Mutter bereits eine erhebliche Senkung der Fetalmortalität erreicht wurde, ist zu hoffen, daß die bisher mitgeteilten Ergebnisse der Hormontherapie durch Hinzutreten neuer Erkenntnisse und Möglichkeiten noch erweitert werden, um sie ohne Risiko und so früh wie möglich zum Schutze des Kindes anwenden zu können. Eine Minderung der durch den Geburtsschock bedingten Schäden wäre besonders bei Riesenkindern durch vorzeitige Schnittentbindung anzustreben.
In Übereinstimmung mit J. B. Mayer werden die visceralen und somatischen Veränderungen einschließlich der Erythroblastose bei den Kindern prädiabetischer oder diabetischer Mütter unter der Diagnose „Embryopathia diabetica” zusammengefaßt.
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Unter dankenswerter Mitarbeit von Frau Dr. Karin Heckel und Herrn Dr. Gerd Stienen.
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Fülling, G., Lodenkämper, H. Zur Klinik, Serologie und Pathogenese der Erythroblastose bei Neugeborenen diabetischer Mütter. Z. Kinder-Heilk. 73, 174–187 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00436024
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