Zusammenfassung
Es wurde untersucht, ob der Nutzen der Bifidusflora für den Säugling damit erklärt werden kann, daß von dieser dem Säuglingsorganismus lebensnotwendige Vitamine zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck wurden aus den Faeces von ausschließlich mit Frauenmilch ernährten Säuglingen verschiedene Lb. bifidus-Stämme isoliert und diese in entsprechenden in vitro-Versuchen — für die vollsynthetische vitaminfreie Nährlösungen benutzt wurden — aufihr Bildungsvermögen folgender Vitamine des B-Komplexes getestet: Thiamin, Riboflavin, Nicotinsäure, Pantothensäure, Pyridoxin, Folsäure und Cobalamin. Als Ergebnis dieser Untersuchungen konnte festgestellt werden, daß die genannten B-Vitamine sämtlich von den Bifidusbakterien synthetisiert werden. Ferner konnte festgestellt werden, daß die Vitaminproduktion von Lb. bifidus — in Annäherung an die natürlichen Verhältnisse — durch Zugabe geringer Vitaminmengen zur Nährlösung stimuliert wird. Der Umfang der Vitaminsynthese von Lb. bifidus wurde mit dem von E. coli verglichen, wobei festgestellt wurde, daß die meisten Faktoren des B-Komplexes von Lb. bifidus in größerer Quantität an das Medium abgegeben werden. Damit wurde wahrscheinlich gemacht, daß dem Säugling durch seine Darmflora die wichtigsten Vitamine des B-Komplexes zur Verfügung gestellt werden. Die mögliche Bedeutung dieser Befunde für die Praxis wurde diskutiert.
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Liebscher, S. Sind die im Darm des mit Muttermilch ernährten Süglings vorherrschenden Bifidusbakterien als nützliche Vitaminlieferanten für den Säuglingsorganismus anzusehen?. Z. Kinder-Heilk. 85, 265–276 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00435877
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