Zusammenfassung
Die elektronenmikroskopische Untersuchung der Nebenhoden eines 38jährigen Mannes ergibt folgendes:
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1.
Die Basalzellen unterscheiden sich von den Zylinderzellen nicht nur durch ihre Form, sondern auch durch ihr verhältnismäßig strukturarmes, teilweise feinfibrilliertes Cytoplasma und durch größere Mitochondrien. Sie besitzen zwar auch Cytosomen wie die Zylinderzellen, aber in geringerer Anzahl.
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2.
Die Kerne der Zylinderzellen haben viele Kernporen und enthalten Kerneinschlüsse (Karyosomen), die offenbar ausgeschleust werden können.
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3.
Am Cytoplasma der Zylinderzellen werden folgende Zonen unterschieden: Basale Zone, infranucleäre Zone, Kernzone, supranucleäre und apikale Zone.
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4.
Die basale Zone ist durch ein stark zerklüftetes Cytoplasma ausgezeichnet, welches Cytosomen und sternförmige Lipoideinschlüsse enthält.
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5.
Die infranucleäre Zone ist durch ein längsorientiertes endoplasmatisches Reticulum charakterisiert. In dieser Zone sind die Cytosomen selten.
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6.
Das Cytoplasma der Kernzone entspricht dem der infranucleären Zone, geht aber in Höhe des oberen Kernumfanges in die supranucleäre Zone über.
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7.
Die supranucleäre Zone enthält zahlreiche Lamellensysteme (Golgilamellen) und nach apikal zunehmend Cytosomen und Komplexcytosomen. Die supranucleäre Zone entspricht dem „Präparanten“ Heidenhains.
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8.
Die apikale Zone („Secernent“ Heidenhains) bildet den Sockel der Stereocilien und zeigt in den Randpartien der Zellen opake Bläschen, die nach Form und Dichte gleitende Übergänge zu den Cytosomen bieten.
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9.
Das Cytoplasma des Stereociliensockels und teilweise auch der Stereocilien ist in Längsrichtung der Zellen feingestreift. Es enthält helle, von einer dichten Membran umgebene Bläschen, die ich als Ausdruck pinocytotischer Vorgänge auffasse und stellenweise Paladematerial.
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10.
Die Stereocilien sind Schöpfe cytoplasmatiseher, den Microvilli vergleichbarer Fortsätze. Die einzelnen Stereocilien stehen seitlich untereinander in Verbindung. Die Basis des Schopfes wird von stark zerklüftetem Cytoplasma gebildet, gegen die Spitze reißt das Cytoplasma zu einzelnen Stereocilien auf.
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11.
Die Ausbildung der Stereocilien und die Struktur des Schopfes ist bei den einzelnen Zellen verschieden.
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12.
Die Zellmembran der Stereocilien und der apikalen Zellkuppe ist eine Doppelmembran.
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13.
Im basalen Drittel der Epithelhöhe sind alle Zellen an den bandartigen Kanten sehr kompliziert miteinander verzahnt. Im Bereich der Verzahnungen sieht man an Stelle ehemaliger Zellgrenzen Bläschenreihen.
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14.
Desmosomen kommen nicht nur in Höhe der Kittlinien sondern an der ganzen Zelloberfläche mit Ausnahme der verzahnten Kanten vor.
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15.
Weitere Untersuchungen unter experimentellen Bedingungen sind notwendig um die Bedeutung des Nebenhodengangepithels zu erfassen.
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Herrn Prof. Dr. T. v. Lanz zum 65. Geburtstag gewidmet.
Mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.
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Horstmann, E. Elektronenmikroskopie des menschlichen Nebenhodenepithels. Z.Zellforsch 57, 692–718 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00410231
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