Zur morphologie und funktion des splanchnocranium von Acipenser

Zusammenfassung

• 1. Die vorliegende Arbeit enthält eine morphologisch, funktionellanatomische Untersuchung des Schädels einiger Acipenseridae.

• 2. Wegen der bei den Acipenseridae auftretenden methyostylen Suspension des Mandibularbogens erfährt die Regio ethmoidalis des Neurocranium eine Veränderung, indem die Procc. palatobasales laterales et medialis zu einer Gleitbahn umgebildet werden. An dieser Gleitbahn erfolgen die Protrusions- und Retraktionsbewegungen des Kieferapparates. Diese Bewegungen ähneln denen, wie sic etwa in einer Lagerschale ablaufen.

• 3. Die Protrusion des Kieferapparates erfolgt durch die Kontraktion des M. protractor hyomandibularis; die Retraktion durch die des M. retractor hyomandibularis.

• 4. Die Protrusion des Kieferapparates wird gesichert durch drei ligamentartig wirkende Hautgebilde, die Ligg. praemaxillamaxillopalatobasale, cranio-postpalatinale and cranio-metapterygoidale genannt werden.

• 5. Die Retraktion des Kieferapparates wird gesichert durch einen Bindegewebswulst, den Torus subbasisphenoideus, der wie ein Puffer wirkend auf der Ventralfläche des Neurocranium sitzt.

• 6. Die Palatoquadratbögen der Acipenseridae sind miteinander zu einer einheitlichen Gaumenplatte verschmolzen. Durch die Lösung der Pars palatina palatoquadrati vom Neurocranium wurde die Pars rostralis des Palatoquadratbogens nicht abgegliedert. Der ursprüngliche Palatoquadratbogen bleibt auch bei den Stören erhalten. Allerdings wurde die Pars rostralis palatoquadrati stark gestaucht. Es kam zur Verschmelzung von Praemaxilla and Maxilla zum Os praemaxillomaxillare und zur Ausbildung eines vorderen Ersatzknochens in der Gaumenplatte des Autopalatinum.

• 7. Durch die alleinige Suspension des Mandibularbogens vermittels der Hyomandibula rückt these sekundär aus dem Bereich des zweiten splanchnischen Bogens and gehört bei den Acipenseridae funktionell zum ersten splanchnischen Bogen.

• 8. Den Acipenseridae fehlt ein Maxillarmechanismus. Aus diesem Grunde ist bei ihnen in dieser Region kein Bandapparat ausgebildet.

• 9. Die Ligg. maxillo-hyomandibulare, mandibulo-ceratohyale und interoperculo-ceratohyale konuten neu beschrieben werden.

• 10. In seiner Wirkungsweise ähnelt der Kieferapparat der Acipenseridae einer Saugpumpe (Inspirationsphase) and einer Druckpumpe (Exspirationsphase).

• 11. In den Barteln von Acipenser stellatus und Acipenser gyldenstaedti ist ein den distalen Teil der Barteln rostrad krümmender und bisher nicht bekannter Muskel vorhanden, der M. tentaculi.