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Untersuchungen über die biologie von Heterotanais oerstedi Kröyer (crustacea, tanaidacea)

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Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    Die vorliegenden Untersuchungen über die Biologie von Heterotanais oerstedi (Tanaidacea) wurden in den Jahren 1963 und 1964 durchgeführt.

  2. 2.

    Diese Art lebt in Röhren, mit deren Bau die Tiere im Mancastadium II der Postembryonalentwicklung beginnen. Das Material, das die Larven und die adulten Weibchen zum Bau ihrer Röhren be nutzen, besteht im wesentlichen aus Diatomeen, aber auch aus ihrem Kot, der in ihren Rohren in bestimmter Weise abgelagert wird. Diese Materialien werden mit Hilfe ihrer Spinnbeine verarbeitet. Da bei den Männchen die Mundwerkzeuge rückgebildet sind, steht ihnen kein Kot, sondern nur Schleim zum Bau der Röhren zur Verfügung. Die Röhren der Weibchen sind sorgfältiger als die der Männchen gebaut. Wenn die Weibchen Eier in ihren Ovarien besitzen, verfestigen sie die Röhre zusätzlich. Die gesamte Röhre stellt ein Alarmsystem dar.

  3. 3.

    Heterotanais oerstedi führt keine Praekopula durch, wie sie, allgemein unter den Peracariden verbreitet ist, sondern ein Paarungsspiel, welches von dem Augenblick an, in dem das Männchen die Röhre des Weibchens betritt, ungefähr 11 Std dauert. Während des Paarungsspiels lä\sBt sick eine Folge charakteristischer Stellungen beobachten, deren Einhaltung eine erfolgreiche Begattung gewährleistet. Im Gegensatz zum Paarungsspiel vollzieht sick die Begattung in nur 3 sec, wobei die Spermien des Männchens in den Brutbeutel des Weibchens gelangen. Nach der Begattung wird das Männchen vertrieben, und das Weibchen schlie\sBt die Öffnung in der Röhre, durch die das Männchen entfernt wurde, um zu verhindern, da\sB später Eier und Larven verlorengehen. Um die Begattung zu beobachten, wurde ein umkehrbares Mikroaquarium konstruiert.

  4. 4.

    Während der Brutpflege findet eine rhythmische Bewegung der Oostegiten statt. Wenn ein Ei aus dem Brutraum verlorengeht, befördert das Weibchen es auf eine bestimmte Weise zurück. Eier, die nicht zurückbefördert werden können, werden aufgefressen. Die Larven schlüpfen im Marsupium des Weibchens. Während der Brutpflege wölbt sich das Sternum ein. Verlassen die Larven das Marsupium (Mancastudium II), werden sie vom Weibchen noch eine Zeit lang betreut. Danach werden sie aktiv aus der Röhre vertrieben. Während der Brutpflege vertreibt das Weibchen alle Artgenossen aus der Röhre.

  5. 5.

    Die frisch im Marsupium geschltipften Larven ernähren sich zunächst von dem Deutoplasma, das sie in ihren Mitteldarmdrüsen besitzen. Wenn das Deutoplasma verbraucht ist, besteht ihre Nahrung aus Diatomeen und Detritus. Als adulte Weibchen können sie später auch animalische Nahrung (z. B. Nematoden) aufnehmen. Weibchen, die sich in Männchen umgewandelt haben, können als solche keine Nahrung mehr zu sich nehmen; sie leben von den Reserven, die sie als Weibchen gespeichert haben.

  6. 6.

    Die Larven warden in für diesen Zweck besonders konstruierten Gefä\sBen gezüchtet. Die postembryonale Entwicklung wurde in Stadien und Phasen unterteilt. Die einzelnen Stadien sind im allgemeinen durch Häutungen voneinander getrennt. Lediglich die Mancastadien I und II unterscheiden sich durch Kennzeichen ihres Baues; zwischen ihnen liegt keine Häutung. Von jedem Stadium warden histologische Schnitte angefertigt. Vom Zeitpunkt des Schlüpfens bis zur Ausbildung des ersten Marsupiums warden vier Häutungen festgestellt.

  7. 7.

    Männchen können auf verschiedene Weise entstehen

    1. a)

      Direkt aus Larven; dabei durchlaufen sie zwei Stadien, die habituell Weibchen gleichen (Neutra I and II).

    2. b)

      Aus Weibchen, die entweder Eier im Ovar hatten, sie dann aber resorbierten oder aus Weibchen, die bereits Larven getragen hatten. Alle Männchen Bind befruchtungsfähig und bleiben in permanenter Anecdysis.

      Eine Blaufärbung im Körper von Weibchen zeigt an, daß sie sich in Männchen umwandeln werden.

  8. 2.

    Lebt ein Männchen zusammen mit einem Weibchen in einem Zuchtgefä\sB, so verändert das Weibchen sein Geschlecht nicht. Möglicherweise produziert das Mannchen hemmende Stoffe, die die Umwandlung verhindern (Pheromone?).

  9. 9.

    Auf Grunt der Ergebnisse, die mit isoliert gehaltenen Tieren erzielt wurden, wird der protogyne Hermaphroditismus, der für these Art angenommen wird, in Frage gestellt.

    Heterotanais oerstedi ist ein potentieller Hermaphrodit. Neben Hermaphroditen kommen auch gonochoristische Weibchen vor.

  10. 10.

    Larven, die zusammen mit adulten Männchen aufwachsen, entwickeln sich zu Weibchen, solche, die zusammen mit adulten Weibchen aufwachsen, zu Männchen. Es besteht daher die Möglichkeit, da\sB die Geschlechtsbestimmung phänotypisch ist.

  11. 11.

    Isoliert aufgezogene Larven entwickeln sich entweder zu gonochoristischen Weibchen oder zu potentiellen Hermaphroditen.

  12. 12.

    In der Population der Schleuse bei Kiel überwintern nur Weibchen (Überwinterungsgeneration). Ein Teil von ihnen verwandelt sich im Frühling in Männchen, die von Mai bis September anzutreffen Bind. Die Überwinterungsgeneration erzeugt die erste Nachwuchsgeneration, die ihrerseits die zweite Nachwuchsgeneration erzeugt. Die erste Nachwuchsgeneration bildet im Herbst eine zweite Brut, die anscheinend wegen der niedrigen Temperaturen nur zum Teil überwintern kann. Die Überwinterungsgeneration stirbt im Sommer.

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Bückle Ramírez, L.F. Untersuchungen über die biologie von Heterotanais oerstedi Kröyer (crustacea, tanaidacea). Z. Morph. u. Okol. Tiere 55, 714–782 (1965). https://doi.org/10.1007/BF00406235

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