Zusammenfassung
Als weiterer Beitrag zur Frage des Vorkommens von Lungenschädigungen bei Hartmetallstaubexposition wird über die Befunde eines im Alter von 58 Jahren verstorbenen Arbeiters (Fall II) aus einem Hartmetallproduktionsbetrieb berichtet; dieser verstarb nach einer 9jährigen beruflichen Staubexposition im Mischraum an einem schweren Lungenemphysem mit chronischer Bronchitis and Rechtsherzüberlastung bei pneumonischer Komplikation. Es handelte sich um einen Beschäftigten des Betriebes, aus dem bereits über Lungenfibrosen unter Hartmetallproduktionsarbeitern (Heuer 1962) and fiber die mineralogisch-chemischen und pathologisch-anatomischen Befunde eines Sterbefalles berichtet wurde (Fall I) (Einbrodt 1962, Kühne 1962).
Bei vorausgegangener etwa gleicher Exposition gegenü Hartmetallstaub waren bei dem jetzt beschriebenen Fall II keine Anzeichen einer Lungenfibrose, aber ein schweres Lungenemphysem nachzuweisen. Mineralogisch-chemisch wurde in den Lungen Hartmetallstaub in einer Menge von 825 mg, davon 246 mg Titandioxyd, nachgewiesen.
Bei dem 1962 von Kühne und Einbrodt bearbeiteten Sterbefall I wurden bei Vorliegen einer schweren Lungenfibrose nur 28 mg Titandioxyd auf 100 g Trockengewebe gefunden. Ein Vergleich der Befunde der Fälle I and II ergibt folgendes Bild:
Im Falle I wurden bei Vorliegen einer schweren Lungenfibrose nur 28 mg Titanoxyd und 53 mg Siliciumdioxyd auf 100 g Trockengewebe, im Falle II ohne Lungenfibrose 156 mg Titandioxyd und 181 mg Siliciumdioxyd auf 100 g Trockengewebe gefunden. Daraus wird der Schluß gezogen, daß:
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1.
dem freien Siliciumdioxyd bei der Fibrose des Falles I sicher allein keine Bedeutung zukommt and
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2.
Titandioxyd die Wirkung kleiner Siliciumdioxydmengen beim Menschen nicht steigert.
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Güthert, H., Einbrodt, H.J. & Heuer, W. Weitere untersuchungen zur hartmetallexposition beim menschen. Int. Archiv für Gewerbepathologie und Gewerbehygiene 21, 379–391 (1965). https://doi.org/10.1007/BF00376304
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