Zusammenfassung
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1.
Im Thymus von Tropidonotus natrix, Tr. tessellatus, Coronella austriaca, Zamenis gemonensis und Vipera berus treten myoide Zellen in Form runder, konzentrisch gestreifter und spindeliger, quergestreifter Zellelemente auf. Die von Hammar, (1905) beschriebenen cytoplasmatischen Zusammenhänge zwischen Retikulumzellen und myoiden Zellen sowie Übergangsformen zwischen beiden Zellarten konnten beobachtet werden. Die myoiden Zellen des Schlangenthymus sind somit als Differenzierungen der Retikulumzellen anzusehen. Irgendwelche Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Anschauungen über die exogene Herkunft dieser Zellen ließen sich nicht gewinnen. Kontraktionsbilder der myoiden Zellen wurden nicht festgestellt.
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2.
An den myoiden Zellen des Schlangenthymus sind alle Stadien einer regressiven Veränderung zu beobachten, welche zum völligen Zerfall dieser Elemente in ein schleimiges Gerinnsel führt. Die Trümmer der degenerierten myoiden Zellen werden von Makrophagen aufgenommen, welche sich — entsprechend der Lokalisation der myoiden Elemente — vorzugsweise in der Markregion der Thymus ansammeln. In dem Zellzerfall ist eine weitere Parallele zwischen myoiden Zellen und Retikulumzellen zu erblicken. Beide Zellarten neigen zur schleimigen Degeneration. Sie sind ferner an der Bildung von Thymuscysten beteiligt.
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3.
Die myoiden Zellen besitzen kein Sarkolemm. Sie stehen ursprünglich zu dem Gitterfasergerüst des Thymus in keiner näheren Beziehung, werden jedoch beim Durchlaufen der beschriebenen regressiven Veränderungen zunächst gruppenweise, später einzeln von Gitterfasern umsponnen. Sie verhalten sich somit wie die zugrunde gehenden Zellen in anderen Organen.
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4.
Im Schlangenthymus tritt nach intraperitonealer Verabreichung von Trypanblau eine deutliche Farbstoffspeicherung in den Histiocyten des Organbindegewebes auf. Die Trypanblauablagerung in den Retikulumzellen des Schlangenthymus ist ausgesprochen schwach. Ein Teil der Farbstoffablagerungen in den Makrophagen dürfte aus präformierten, angefärbten phagocytierten Zelltrümmern bestehen.
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5.
Der Thymus im Winterschlaf befindlicher Schlangen (Tropidonotus natrix) befindet sich im Zustande weitgehender Involution.
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6.
Der Nuklealgehalt der Kerne der Thymuslymphocyten ist stärker als derjenige der Retikulumzellkerne, während die Kerne der myoiden Zellen sich durchweg als nuklealarm erweisen. Lediglich der Nucleolus der myoiden Zellen fällt durch seinen Nuklealgehalt auf.
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7.
Ternis Angaben über den Glykogengehalt der myoiden Zellen beruhen auf einer Überwertung der Spezifität des färberischen Glykogennachweises. Dem positiven Ausfall der Bestschen Färbung und der Bauerschen Polysaccharidreaktion liegt die Anwesenheit von Schleimstoffen zugrunde, in welchen Polysaccharide enthalten sind.
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8.
Vitamin C wird im Schlangenthymus nach Redoxoninjektion in den Retikulumzellen lokalisiert. Die myoiden Zellen erweisen sich — auch nach parenteraler Vitaminzufuhr — als frei von Vitamin C.
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Arbeit unter Leitung von Prof. Dr. W. Bargmann (jetzt Königsberg i. Pr.).
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Teichmann, W. Über die myoiden Zellen des Thymus. Z.Zellforsch 32, 194–208 (1942). https://doi.org/10.1007/BF00375593
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