Zusammenfassung
Ein System von drei parallelen Fäden (Prinzip des Stereo-Eidometers von Monjé), dessen räumliche Anordnung (= Verschiebung des Mittelfadens) nur erkannt werden kann, wenn die Fäden mit der Verbindungslinie der Augenmittelpunkte des Beobachters einen bestimmten Winkel bilden, wurde verschieden lange Zeit dargeboten. Bei Änderung der Darbietungszeit zwischen 0,04 und 0,5 Sek. bzw. unbegrenzter Dauer wurde ein Abnehmen des kleinsten Winkels (Schwellenwinkels) von 75–80 festgestellt. Bei Änderung des Winkels von 4 bzw. 8–900 nahm die zum Erkennen des Raumeindruckes notwendige kürzeste Zeit (Minimalzeit) um eine Dezimale ab. Verringerung des Abstandes der beiden äußeren der 3 Fäden auf die Hälfte sowie Vergrößerung der Sehweite von 33 cm auf 7 m änderten das Verhalten der Minimalzeit nicht. Die Akkommodation ist daher ohne Einfluß auf das Ergebnis.
Die graphische Darstellung der Beziehungen zwischen der Größe des Winkels und der Zeit läßt sich als Intensitäts-Zeit-Kurve deuten und zu der Reizzeit-Spannungs-Kurve in Parallele setzen. Sie hat, wie diese, die Form einer Hyperbel. Aus ihr lassen sich Zeitwerte ablesen, die der Hauptnutzzeit und Chronaxie analog gewählt sind. Sie sind im Gegensatz zu den bisher zur Charakterisierung der Tiefensehschärfe verwendeten Schwellenwinkeln bei Dauerdarbietung von Versuchsbedingungen weitgehend unabhängig und betragen bei den untersuchten Personen unter allen Bedingungen 0,25 und 0,5 Sek., während die Schwellenwinkel zwischen 4 und 240 liegen. Die Rechtfertigung der Einführung neuer Begriffe zur Charakterisierung der Feinheit der Tiefensehschärfe ergibt sich aus der Feststellung, daß beim räumlichen Sehen neben der Querdisparation andere Faktoren eine Rolle spielen.
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Hertel, K., Monjé, M. Über den Einfluß des Zeitfaktors auf das räumliche Sehen. Pflügers Arch. 249, 295–306 (1947). https://doi.org/10.1007/BF00361764
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