Zusammenfassung
40 jähriger Mann, der nach einer komplikationslos verlaufenden Stickoxydul-Äther-Narkose wegen akuter Appendicitis somnolent blieb und nach vorübergehender Besserung am 32. Tag an einer Lungenembolie starb.
Groß- und Kleinhirn zeigen eine diffuse Entmarkung der weißen Substanz unter Verschonung der U-Fasern, wobei es stellenweise zu Totalnekrosen gekommen ist, ferner einen Niederschlag plasmatischer Massen in den stark erweiterten Virchow-Robinschen Räumen. Die Markzerfallsprodukte sind zu Neutralfetten abgebaut, die Achsencylinder zeigen vereinzelt degenerative und auch „regenerative“ Veränderungen. Neben dem Ödemschaden finden sich Hypoxämie-bedingte Herde in Pallidum, Kleinhirnrinde und vorderer Commissur.
Die Übereinstimmung mit den Befunden beim intervallären Verlaufstyp der CO-Vergiftung wird erläutert. Die unterschiedliche Gliareaktion in den Ödem- und in den Hypoxämie-bedingten Schädigungsbereichen beruht vielleicht auf einer zeitlichen Differenz in ihrer Entstehung. Es wird die Vermutung ausgesprochen, daß — entsprechend dem angedeuteten klinischen Intervall — die Entwicklung der Permeabilitätsstörung mit Austritt gewebsfremder Flüssigkeit und ihrer Einwirkung auf das Markweiß einen Zeitraum von mehreren Tagen benötigt.
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Meyer, JE. Hirnveränderungen vom Typ der intervallären CO-Vergiftung nach Stickoxydul-Äther-Narkose. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 202, 113–125 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00356094
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