Skip to main content
Log in

Über elektrophoretische Untersuchungen an Hirngewebe, insbesondere aus der Umgebung von Tumoren — zugleich ein Beitrag zur Pathogenese von Hirnschwellung und Hirnödem

  • Published:
Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Auf dem Wege der elektrophoretischen Analyse von Hirngewebe versuchten wir Einblick zu gewinnen in die bisher noch wenig geklärten Eiweißverhältnisse des ZNS. Wir untersuchten 112 Fälle. Vorzügliche Aufmerksamkeit widmeten wir dem Problem von HS und HÖ und suchten pathogenetische Zusammenhänge an einem Material, das in der Vielfalt seiner Zustandsbilder besonders aufschlußreich war: in der näheren und weiteren Umgebung von Tumoren. Derartiges stand uns 32mal zur Verfügung. Quantitative Bestimmungen von Gesamtstickstoff und Trockensubstanz wurden neben anderen Paralleluntersuchungen durchgeführt und mit den Elektrophoreseergebnissen in Beziehung gesetzt. — Gehirne ohne faßbare pathologisch-anatomische Veränderungen zeigten, verglichen mit dem Serumpherogramm, ein Maximum im Bereich der (β-) Global ine und hier bei guter Trennschärfe zwei „Gipfelpunkte“; keine Albuminfraktion. — In der Umgebung von Geschwülsten fand sich durchweg weich-zerfließliches Markweiß mit relativer Eiweißvermehrung, die sich im elektrischen Feld sowohl als Globulin-, besonders aber als Albuminanreicherung darstellte. Die Rinde blieb auch in Tumornähe trockensubstanzreich, zeigte Hirnschwellungskonsistenz; dabei in den Eiweißfraktionen praktisch die gleichen Verhältnisse wie das Mark.

Es werden pathogenetische Übergänge zwischen HÖ und HS im Sinne einer Eiweißanschoppung mit nachträglicher Wasserverarmung (Riebeling) angenommen, was nichts daran ändert, daß beide (HS und HÖ) im ausgeprägten Zustand grundlegende Unterscheidungsmerkmale aufweisen. Auch scheint uns dieser Entwicklungsmodus weitgehend charakteristisch für tumorkranke Gehirnregionen, nicht so sehr für die „echte klassische“ HS im Sinne Reichardts. Wir glauben mit dieser Feststellung einen weiteren Schritt zum übergeordneten Verständnis so mannigfacher Befunde und Meinungen getan zu haben. — Das Albuminvorkommen wird in Tumornähe sowohl für Hirnödem, als auch für HS als charakteristisch angesehen, nimmt aber in der Entfernung, wenn die Schwellungskonsistenz allgemein geworden ist, ab, um selten ganz zu verschwinden. Hier müssen Veränderungen innerhalb des Eiweißbestandes mitspielen, die unter anderem den Erklärungen von Wilke durch Polymerisations- und Polykondensationsvorgänge zugänglich wären, doch bisher — wohl wegen ihrer Labilität — nicht nachweisbar wurden.

Für histochemische Beziehungen zwischen neoplastischem und umgebenden Gewebe sind Anhaltspunkte aus den Elektrophoresekurven zu entnehmen; andererseits kann man bei Vergleich der Eiweißverhältnisse von Serum und Tumorumgebung Parallelen entdecken, die für Kreislauf- und Permeabilitätsstörungen in diesem Gebiet sprechen. Vom Serumeiweißaustritt über die Gewebsschädigung und den Eiweißumbau mit resultierender Konsistenzänderung führt ein Weg zur Deutung des Endzustandes „HS“.

Abschließend wird auf einen chemisch noch nicht weiter identifizierten „Lipoidstreifen“ im β-Globulinbereich bei tumorgeschädigtem Hirngewebe hingewiesen und dabei die eventuelle Bedeutung von Lipoproteiden bzw. Proteolipoiden für die von uns besprochenen Vorgänge erwähnt. Bei weiteren Untersuchungen mit der elektrophoretischen und der papierchromatographischen Technik, insbesondere bei gleichzeitiger Betrachtung von Liquor und Hirngewebe, könnte man verschiedene noch ungeklärte Fragen der Hirnchemie im allgemeinen und bezüglich der Hirnschwellung im besonderen anschneiden. Wie Riebeling immer wieder betont hat und Pette schon 1938 schrieb, „ist man sich (auch heute noch!) darin einig, daß nicht ein einzelnes Moment zur Schwellung führt; es ist vielmehr eine Kette von Faktoren, die aneinandergereiht sein müssen, um hier biologische Grundlagen zu schaffen.“

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literatur

  • Barfurth, D.: Eine neue Methode zur Bestimmung des spez. Gewichtes von Hirnmasse. Allg. Psychiatr. Z. 123, Heft 3–4 (1944).

  • Bergner, G.: Zur Frage d. Harnstoffvermehrrung im Gehirn bei Hirnschwellung. Z. Neur. 169, Heft 1 u. 2 (1940).

  • Biondi, G.: Über eine in d. Umgebung von Hirngeschwülsten vorkommende Veränderung. Z. Neur. 149, 129 (1934).

    Google Scholar 

  • Bodechtel G., u. G. Döring: Cerebrale Circulationsstör. bei Hirngeschwülsten. Z. Neur. 161, 166 (1931).

    Google Scholar 

  • Böning, H.: Zur Kenntnis d. Spielraumes zwischen Gehirn und Schädel. Z. Neur. 94, 72 (1925).

    Google Scholar 

  • Bonhoff, G.: Kongelationen seröser Transsudate im CNS. Z. Neur. 112, 138 (1951).

    Google Scholar 

  • Bonkáló, A.: Bedeutung der Geschwulstart und des Geschwulstsitzes für die Entstehung der Hirnschwellung. Dtsch. Z. Nervenheilk. 149, 243 (1939).

    Google Scholar 

  • Cramer, Fr.: Papierchromatographie. Weinheim/Bergstr.: Chemie 1952. Monographie.

    Google Scholar 

  • De Crinis, M.: Über die Hirnschwellung. Z. Neur. 161, 149 (1938).

    Google Scholar 

  • De Crinis, M.: Über die Hirnschwellung. Z. Neur. 162, H. 4 (1938).

  • Demling, L.: Klin. Wschr. 1852, 574.

  • Dohmen, A.: Anleitung zu physikalischen Untersuchungen an Hirn und Schädel bei der Leiche. Z. Neur. 172, 667 (1941).

    Google Scholar 

  • Elliott, K. A. C., u. H. Jasper: Measurement of experimentally induced. Brain-swelling and skrinkage. Amer. J. of Physiol. 157, Nr. 1 (1947).

    Google Scholar 

  • Fünfgeld, E.: Hirnschwellung und Hirntumor. Dtsch. Z. Nervenheilk. 114, 207 (1930).

    Google Scholar 

  • Gerlach, J.: Der heutige Stand der Lehre von der Reichardtschen Hirnschwellung. Nervenarzt 22. Jahrg., 6. Heft, 212 (1951).

  • - Die Chemie und der Stoffwechsel des Nervengewebes. 3. Colloqu. d. Gesellsch. f. Physiol. Chemie in Mosbach (Baden) 1952.

  • Grassmann, W.: Neue Verfahren der Elektrophorese auf dem Eiweißgebiet. Naturwissenschaften 38, 200 (1951).

    Google Scholar 

  • Grassmann, W., u. K. Hanning: Ein quantitatives Verfahren zur Analyse der Serumproteine durch Papierelektrophorese. Hoppe-Seylers Z. 290 (1952).

  • Greenfield, I. G.: The Histology of cerebral oedema associated with Intracranial Tumours. Brain 62, 129ff. (1939).

    Google Scholar 

  • Hallervorden, J.: Über Spätfolgen von Hirnschwellung und Hirnödem namentlich bei Schwachsinnigen und Idioten. Psychiatr.-neur. Wschr. 1939, 25.

  • Hasenjäger, J., u. H. Spatz: Über örtliche Veränderungen der Konfiguration des Gehirns bei Hirndruck. Arch. f. Psychiatr. 107, 193 (1938).

    Google Scholar 

  • Henning, K., H. Kinzelmeier, L. Demling u. E. Manuss: Klin. Wschr. 1952, 390–391.

  • Hoff, H., u. H. Urban: Zur Frage des Hirnödems bei Hirngeschwülsten. Dtsch. med. Wschr. 1934, 41.

  • Hoff, H.: Experimentelle Studien zur Frage des postcommotionellen Hirnödems. Z. Neur. 129, 583 (1930).

    Google Scholar 

  • Häussler, G.: Hirndruck (Hirnödem und Hirnschwellung). Zbl. Neurochir. Bd. 4 u. 5, 247, 328 (1937).

    Google Scholar 

  • Hyden, H.: Acta physiol. scand. (Stockh.) 6, Suppl. 17 (1943).

  • Jaburek, L.: Hirnödem und Hirnschwellung bei Hirngeschwülsten. Arch. f. Psychiatr. 104, 518 (1936).

    Google Scholar 

  • Jacob, H.: Über die diffuse Markdestruktion im Gefolge des Hirnödems (diffuse Ödemnekrose des Hemisphärenmarkes). Z. Neur. 168, 382 (1940).

    Google Scholar 

  • Kehl, R.: Über Theorie und Praxis der Papierchromatographie und deren klinische Bedeutung. Med. Klin. 1952, 397.

  • Kiöw, E.: Nord. Med. 47, 736 (1952).

    Google Scholar 

  • Klenk, E.: Der chemische Aufbau der Nervenzelle und der Nervenfaser. 3. Colloqu. d. Gesellsch. f. physiol. Chemie S. 27 (1952).

  • Neumann-Collina, H. F.: Über die Xanthydrolreaktion bei Hirngewebsschädigungen. Arch. f. Psychiatr. 116, 417 (1943).

    Google Scholar 

  • Bauer, J.: Studien über Quellung von Nervengewebe. Obersteiners Arbeiten 14, 87, 226 (1912).

    Google Scholar 

  • Pedersen, O.: Über Grundlagen und Bedeutung des Hirndrucks bei Tumor cerebri. Dtsch. Z. Nervenheilk. 130, 270 (1933).

    Google Scholar 

  • Penschew, A.: Probleme der Permeabilitätspathologie im Gehirn. Arch. Psychiatr. u. Z. Neur. 185, 345 (1950).

    Google Scholar 

  • Pette, H.: Klinik der Hirngeschwülste. Z. Neur. 161, 10 (1938).

    Google Scholar 

  • Pötzl, O., u. A. Schüller: Über letale Hirnschwellung bei Syphilis. Z. Neur. 3, 139 (1910).

    Google Scholar 

  • Reichardt, M.: Hirnschwellung. Allgem. Z. Psychiatr. 75, 34 (1919).

    Google Scholar 

  • Reichardt, M.: Zur Entstehung des Hirndrucks bei Hirngeschwülsten und anderen Hirnkrankheiten und über eine bei diesen zu beobachtende besondere Art der Hirnschwellung. Z. Nervenheilk. 28, 306 (1905).

    Google Scholar 

  • Riebeling, C.: Über die EW-Schwellung der Leber bei Psychosen. Z. Neur. 166, 2. Heft (1939).

  • Riebeling, C.: Eine chemische Untersuchung der Hirnschwellung. Z. Neur. 166, 2. Heft (1939).

  • Riebeling, C.: Zur Frage der Hirnschwellung. Dtsch. Z. Nervenheilk. 170, 3. Heft, 209 (1953).

    Google Scholar 

  • Rosental, St.: Histologischer Befund beim sogenannten Pseudotumor cerebri. Z. Neur. 7, 163 (1912).

    Google Scholar 

  • Sack, H., u. H. G. Handrick: Klinische Erfahrungen bei Hirnschwellungzuständen mit dem ganglienblockierenden Mittel Pendiomid. Medizinische (Stuttgart) Nr. 12 (22. 3. 1952).

  • Scheinker, I.: Zur Histopathologie des Hirnödems und der Hirnschwellung bei Tumoren des Gehirns. Dtsch. Z. Nervenheilk. 147, 137 (1938).

    Google Scholar 

  • Scheinker, I.: Über das gleichzeitige Vorkommen von Hirnschwellung und Hirnödem bei einem Fall einer Hypernephrommetastase des Kleinhirns. Dtsch. Z. Nervenheilk. 148, 1 (1939).

    Google Scholar 

  • Schlüter, A., u. H. E. Never: Zur Frage der Hirnschwellung (physikalische und histologische Untersuchungen). Z. Neur. 140, 172 (1932).

    Google Scholar 

  • Schmitz, E.: Hdb. d. norm. u. pathol. Phys. 9, 47–76 (1929).

    Google Scholar 

  • Schneider, H., u. W. Wunderly: Schweiz. Med. Wschr. 1952, 445.

  • Hoff, H., u. L. Schönbauer: Über das postoperative Hirnödem. Dtsch. med. Wschr. 1935, Nr. 20.

  • Selbach, H.: Physikalisch-chem. Untersuchungen zur Frage der Hirnvolumensvermehrung (Hirnschwellung und Hirnödem). Arch. f. Psychiatr. 112, 409 (1941).

    Google Scholar 

  • Selbach, H. u. Selbach, C.: Hirnvolum-vermehrung als Problem der physikalischen Chemie der Hirngewebe. Allg. Z. Psychiatr. 125, 1–3 (1949).

    Google Scholar 

  • Spatz, H.: Die Bedeutung der „symptom.“ Hirnschwellung für die Hirntumoren und für andere raumbeengende Prozesse in der Schädelgrube. Arch. f. Psychiatr. 88, 790 (1929).

    Google Scholar 

  • Speckmann, K.: Über Hirnschwellung und Hirnödem im Verlaufe innerer Erkrankungen. Ärztl. Wschr. 1951, H. 1.

  • Stengel, E.: Zur Pathologie der letalen Hirnschwellung (ein Beitrag zur Kasuistik der Fernwirkung von Hirntumoren). J. Psychiatr. 45, 187 (1927).

    Google Scholar 

  • Stössel, K.: Die Behandlung der Katatonie mit großen Wassergaben, zugleich ein Beitrag zur Theorie der Hirnschwellung. Arch. f. Psychiatr. 114, 699 (1942).

    Google Scholar 

  • Strecker, H.: Über das Problem der Hirnschwellung, insbesondere der durch Aufsaugung von Liquor entstandenen bzw. ihr zugeschriebenen. Z. Neur. 120, 9 (1929).

    Google Scholar 

  • Strobel, Th.: Über Trockensubstanzgehalt verschiedener Hirnteile. Z. Neur. 169, 2. H. (1939).

  • Struwe, Fr.: Beitrag zur Klärung der Hirnschwellungsfrage aus dem klinischen Verlauf und dem makroskopischen und mikroskopischen Hirnbefund. Z. Neur. 133, 503 (1931).

    Google Scholar 

  • Ikutato Takagi: Zur Frage der Hirnschwellung bei Hirntumoren. Obersteiners Arbeiten 28, 60 (1926).

    Google Scholar 

  • Tönnis, W.: Über Hirngeschwülste. Z. Neur. 161, 114 (1938).

    Google Scholar 

  • De Verdier, C.-H.: Paper Partition chromatographie Analysis of Ninhydrin-reakting Substances in Ethanol-Extracts from Pig's Spleen, Lung, and Liver. Acta Soc. Med. Upsaliensis 54, 5–6 (1949).

    Google Scholar 

  • Wilke, G.: Zur Pathogenese der Hirnschwellung. Naturwissenschaften 1951, 532.

  • Wilke, G.: Zur Pathogenese der Hirnschwellung. Arch. f. Psychiatr. u. Z. Neur. 187, 424 (1952).

    Google Scholar 

  • Wilke, G.: Zur Frage der Hirnödeme bei Unterernährung. Dtsch. med. Wschr. 1950, Nr. 5, 172.

  • Zingg, S.: Kasuistischer Beitrag zur Frage der Hirnschwellung. (Zürich) Z. Neur. 116, 71 (1928).

    Google Scholar 

  • Zülch, K. J.: Hirnödem und Hirnschwellung. Hamb. Ärztebl. 4. Jahrg., 72 (1950).

  • Zülch, K. J.: Hirnschwellung und Hirnödem. Dtsch. Z. Nervenheilk. 170, 179 (1953).

    Google Scholar 

  • Zülch, K. J.: Die Entstehung der intercraniellen Drucksteigerung, insbesondere des Prolapses bei Hirnverletzungen. Zbl. Neur. 103, 41 (1942).

    Google Scholar 

  • Zülch, K. J.: Hirnödem, Hirnschwellung, Hirndruck. Zbl. Neurochir. 11, 349 (1951); 2 Fortsetzungen (1952).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Kaps, G. Über elektrophoretische Untersuchungen an Hirngewebe, insbesondere aus der Umgebung von Tumoren — zugleich ein Beitrag zur Pathogenese von Hirnschwellung und Hirnödem. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift Neurologie 192, 115–129 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00353841

Download citation

  • Received:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF00353841

Navigation