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Exogenes halluzinatorisches Syndrom mit Wahnbildung als Psychose-Modell

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Zusammenfassung

Eine Halluzinose bei ausgedehntem suprasellären (Hypophysen-?) Tumor einer 54 Jahre alten Frau, wird als Psychose-Modell vorgestellt, dessen komplexe Struktur einer mehrdimensionalen Analyse unterzogen wird.

Die verschiedenen Stadien des halluzinatorisch-paranoiden Krankheitsbildes, in dem die charakteristischen Zeichen einer sogenannten exogenen Psychose fehlten und auch ein sogenanntes organisches Psychosyndrom sich nicht herausschälen ließ, waren im wesentlichen von der Veränderung der Ich-Umweltbeziehung, d. h. vom Grad des Verstricktseins in das psychotische Erleben, abhängig. Wir gebrauchen hierfür den Terminus „Involvierung“ und unterstellen, daß eine zunehmende Involvierung die Bewußtseinseinengung (die „Faszination“) herbeiführt und daß die zunehmende Einengung kein primäres Phänomen ist, wie dies im Schrifttum mitunter vertreten wird. Es kommt im Zuge der Auseinandersetzung mit den psychotischen Erlebnissen stufenweise zu einer immer stärkeren Verstrickung und schließlich zu einem Aufgehen in einer anderen Wirklichkeit. Das Emotionale ist dabei sicherlich eine wesentliche Komponente. Die paranoide Wahnstimmung (Das „Trema“ usw.) stellt ein umschriebenes, aber emotional wenig strukturiertes Radikal im menschlichen Verhalten dar. Bei unserem Falle ist noch der Erlebniswandel des hochgradig Schwachsichtigen mit seinen vegetativen Umstimmungen von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhange wird auf die physiologischen Gesichtspunkte, insbesondere auf die Rolle des vegetativen Systems im weiteren Sinne bei der Entstehung halluzinatorischer Syndrome hingewiesen, aber auch auf die Bedeutsamkeit der Daseinsordnungen, insbesondere der Wohnordnung.

Das Thema des Wahns erfährt seine Ausgestaltung durch die Konstitution und in bezug. auf die individuelle Biographie, die somit in unserem Falle eher als pathoplastische Faktoren und nicht als wesentliche pathogenetische Momente imponieren.

Soweit eine Lokalisationsbeziehung bei exogenen psychotischen Syndromen diskutiert werden kann, erscheint die Beteiligung des Hirnstammes und speziell des retikulären Systems am ehesten wahrscheinlich. Ausdrücklich wäre darauf hinzuweisen, daß sich die Art der seelischen Erkrankung auch bei diesen Fällen nicht schablonenhaft aus Art und Sitz des Hirnprozesses ergibt.

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Herrn Prof. Dr. H. Kranz zum 60. Geburtstag gewidmet.

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Schiffer, K.H. Exogenes halluzinatorisches Syndrom mit Wahnbildung als Psychose-Modell. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 202, 305–330 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00352824

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