Zusammenfassung
Das dysthyme Syndrom bildet nicht nur symptomatologisch einen reaktiv-endogenen Mißzustand, gondern stellt vielfach auch unter genetischem Aspekt ein Übergangsstadium dar: seelisch-reaktive Verstimmungen können fließend in Hinter- und Untergrundverstimmungen übergehen, sich sodann im dysthymen Syndrom verfestigen und schließlich in das Zustandsbild einer gymptomarmen Vitaldepression einmünden. In symptomatologisch-phänomenologischer Analyse wird zu zeigen versucht, daß die Erkenntnis von der nosologischen Vieldeutigkeit nicht nur des dysthymen, sondern auch des vitaldepressiven Syndroms nicht zur Preisgabe nosologigcher Unterscheidungen zu führen braucht, Sondern, bei stärkerem Hervortreten der gyndromatischen Betrachtungsweise, neue Impulse zu genaueren klinischen Differenzierungen bietet. Angesichts der modischen Überbewertung erlebnisreaktiver Faktoren werden abschließend Auswirkungen besprochen, die sich aus der habituellen Artung der Persönlichkeit für die Symptom- und Verlaufsgestaltung der Depressionen ergeben.
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Auf Einladung von Prof. Conrad am 1. 3. 1961 an der Univ.-Nervenklinik Göttingen gehaltener Vortrag.
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Petkilowitsch, N. Zur Problematik depressiver Psychosen. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 202, 244–265 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00352821
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