Zusammenfassung
Allgemeine Fragen der peripheren und zentralen Sinnesphysiologie werden besprochen und an speziellen Beispielen des Geruchssinnes mit Registrierung vom Bulbus olfactorius erläutert.
Funktion der Sinnesorgane ist die Signalisierung von Vorgängen der Außenwelt an das Zentralnervensystem, um adäquate Handlungen zu ermöglichen. Die Aufmerksamkeit muß sich jeweils neu auf die wechselnden äußeren Ereignisse richten, damit das Verhalten darauf eingestellt werden kann. Bedeutsame Sinnesmeldungen, die diese Ereignisse beschreiben, müssen Zugang zu den Kontrollregionen des Gehirns finden, damit andere einlaufende Signale vernachlässigt werden können.
Elektrophysiologische Untersuchungen haben gezeigt, daß Sinnesmeldungen nur dann das Gehirn erreichen und das Verhalten beeinflussen können, wenn sie entweder intensiv oder unerwartet oder mit vorangehender Erfahrung assoziiert sind und dadurch einen besonderen Bedeutungscharakter erhalten.
Warum bleiben andere Signale unwirksam, wenn eine Sinnesbahn die Aufmerksamkeit bestimmt und kontrolliert? Diese Frage kann durch neuere elektrophysiologische Befunde am Geruchssinn wenigstens zum Teil beantwortet werden. Offenbar entstehen auf verschiedenen Ebenen des Nervensystems oder sogar im Sinnesorgan selbst Hemmungsvorgänge, die eine Fortleitung der Sinnessignale verhindern. Doch scheint im olfactorischen System die Passage eher durch eine dauernde unregelmäßige Hintergrundsaktivität gestört zu werden, welche die Synapsen der olfactorischen Nervenzellen beinflußt. Dieses „Grundgeräusch“ verhindert eine klare Übertragung der Sinnesmeldungen.
Wahrscheinlich sind auch nicht-olfactorische Sinnesbahnen dort, wo sie anderen Einflüssen zugänglich sind, einer solchen Störung durch das „Grundgeräusch“ ausgesetzt. Ungestörte Übertragung ohne ein solches Grundgeräusch ist notwendig, wenn die Signalmuster spezielle Informationen bringen sollen. Intensive Reize können das Grundgeräusch unterdrücken und die Bahn vorübergehend freimachen.
Im Riechorgan können die Signale verschiedener Gerüche nach ihrem Zeitverlauf, ihrer räumlichen Verteilung und der spezifischen Empfindlichkeit einzelner Receptoren unterschieden werden. Wahrscheinlich ist die Erkennung eines Geruches von dem komplexen Effekt aller dieser olfactorischen Informationsquellen abhängig, wie auch von Receptormeldungen außerhalb des Geruchsorgans.
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Nach einem Vortrag in der Freiburger medizinischen Gesellschaft zur Ehrenpromotion anläßlich der 500-Jahresfeier der Universität Freiburg i. Brsg.
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Adrian, E.D. The control of the nervous system by the sense organs. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 196, 482–493 (1957). https://doi.org/10.1007/BF00350799
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