Zusammenfassung
Es wird über Erfahrungen an Obduktionsgut von Kohlenbergleuten des Ruhrgebietes berichtet.
Auf die Möglichkeit der Herstellung von Röntgenbildern ganzer Lungen. von Bergleuten nach Obduktionen wird hingewiesen, außerdem werden Röntgenbilder von Lungenscheiben bei Quarzstaublungenerkrankungen mit besserer Strukturwiedergabe dargelegt.
Es wird über die Ergebnisse von Selbstversuchen nach Quarzstaubinjektion subcutan erstmals beim Menschen berichtet. Anhaltspunkte für eine erkennbare chemische Wirkung freiwerdender toxischer Substanzen im Sinne der Kieselsäuretheorie ergaben sich nicht. Vielmehr sind mechanische Zusatzfaktoren herauszustellen, die wahrscheinlich auch bei verstärkter Lungenatmung des Bergmanns eine Rolle spielen mit der Folge der Fibrose oder Lungengerüstfibrose im Sinne der Pneumoconiosis simplex ohne oder ohne erkennbare Infektion.
Entsprechend wird auch unter Herausstellung bekanntgewordener geringer Quarzstaubgehalte in Bergmannslungen des Ruhrgebietes die Quarzstaubwirkung, wie er im Silikosebegriff enthalten sein müßte, für überschätzt gehalten.
Größere Lungenschwielen entstanden vor allem durch schwelende und entsprechend meist alte infektiöse Prozesse, besonders durch Tuberkulose. Durch stärkere Staubbelastung meist immunbiologisch vitaler Bergleute ergaben sich Modifikationen chronischer Infektionen mit nicht selten hochgradiger Bindegewebsentwicklung oder abnormen Vorschwielungen in den Lungen, wie man sie bei der übrigen Bevölkerung eben nicht sieht.
Die BCG-Impfung wird als eine wichtige prophylaktische Maßnabme erneut befürwortet.
Es wird über parallel zu den Selbstversuchen durchgeführte Tierversuche bei Verwendung gleicher Stäube und über die erhaltenen Ergebnisse berichtet.
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Ein großer Teil des vorliegenden Untersuchungsmaterials wurde am Pathologischen Institut der Bergbau-Berufsgenossenschaft in Bochum erarbeitet.
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Schubert, W. Lungenschwielen bei Kohlenbergleuten. Int. Archiv für Gewerbepathologie und Gewerbehygiene 23, 324–346 (1967). https://doi.org/10.1007/BF00347250
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