Zusammenfassung
Die folgenden Feststellungen beziehen sich auf die Brustflossenknorpel vom Hundshai (Galeus canis), bei denen der Kalk als die bekannten mosaikartig zusammengefügten, „Plättchen“ der Rinde abgelagert wird.
-
1.
Die durch Auskochen mit Glyzerin-Kalilauge isolierten und von ihrer organischen Substanz befreiten in Canadabalsam eingebetteten Kalkplättchen zeigen in allen Lagen ein negatives Polarisationskreuz. Dieses bezeugt, daß der Kalk (gemäß chemischer Prüfung zum allergrößten Teil Phosphat) kristallin ist. Der Befund steht in Einklang mit dem Ergebnis röntgenographischer Prüfung (Brandenberger & Schinz).
-
2.
Im Knorpelgewebe befindlich, zeigen die Kalkplättchen ein positives Polarisationskreuz auf allen Schnittrichtungen. Dieses beruht auf der Wirkung der in den Plättchen enthaltenen Knorpelgrundsubstanz, insbesondere der Kollagenfasern; die stärkere Doppelbrechung der organischen Grundmasse überkompensiert also die Doppelbrechung des Mineralgerüstes.
-
3.
Gemäß den Befunden unter 1 und 2 sind die Beziehungen zwischen Kollagen und Kalk im verkalkten Knorpel die gleichen wie im Knochengewebe; d. h. die Kristallite des Kalziumphosphats folgen mit ihrer negativen optischen Achse dem Zuge der selbst unverkalkt bleibenden Kollagenfasern. Für eine echt sphäritische Anordnung des Kalkes, wie sie nach Ørvig (1951) bei fossilen Selachiern vorkommt, fanden sich bei meinem Objekt keine Anhaltspunkte.
-
4.
Das Wachstum eines Plättchens erfolgt nicht nur durch kontinuierlichen Ansatz neuen Kalkes an das bereits vorhandene Mineralgerüst; sondern im Umkreis der Plättchen treten kleine Kalkablagerungen auf, die mit der Vergrößerung der Anlage in diese aufgenommen werden.
-
5.
Die Kalkplättchen besitzen gemäß 1 und 2 in ihrer Knorpelgrundmasse (und infolgedessen auch in ihrem Kalkgerüst) einen räumlich radialstrahligen Aufbau, also eine Anordnung des Kollagenmaterials, wie sie sonst der Knorpelgrundmasse fremd ist.
-
6.
Diese Anordnung des Fasermaterials ist nicht etwa von vornherein (vor der Verkalkung) in der Knorpelgrundmasse vorgezeichnet, sondern sie bildet sich unter der Wechselwirkung zwischen dem sich vergrößernden starren verkalkten Plättchen und der umgebenden durch Wachstumsvorgänge zwangsläufig sich wandelnden Knorpelgrundmasse schrittweise aus. Dies wird des näheren dargelegt.
Literatur
Bargmann, W.: Zur Kenntnis der Knorpelarchitektur (Untersuchungen am Skelettsystern von Selachiern). Z. Zellforschg 29, 405 (1939).
Bormuth, H.: Die trajektoriellen Strukturen im Knorpel der Haifische auf Grund von Untersuchungen im polarisierten Lichte. Z. Zellforschg 17, 766 (1939).
Branden-Berger, E., & H. R. Schinz: Über die Natur der Verkalkungen bei Mensch und Tier und das Verhalten der anorganischen Knochensubstanz im Falle der hauptsächlichen menschlichen Knochenkrankheiten. Helvet. med. Acta A, Suppl. 16 [Beil, zu 12, H. 6] (1945) (1946).
Funaoka, S.: Untersuchungen über transmikroskopische Struktur des Lebewesenkörpers. I. Intersuchungen über die Anordnung der anorganischen Substanz im Knochen- und Zahngewebe mittels X-Strahlen. Acta Scholae med. Kioto 9, 37 (1926).
Gebhardt, W.: Einige mechanisch interessante Bindegewebsstrukturen. Verh. anat. Ges. Erg.-H., Anat. Anz. 46, 205 (1914).
Ørvig, T.: Histologic studies of Placoderms and fossil Elasmobranchs. I. The endoskeleton, with remarks on the hard tissues of lower vertebrates in general. Ark. Zool. (Stockh.) 2, 321 (1951). (Ausführliches Literaturverzeichnis.)
Schaffer, J.: Die Stützgewebe. In v. Moellendorffs Handbuch der mikroskopischen Anatomie, Bd. 2, Teil 2, S. 1–390. 1930.
Schmidt, W. J.: Die Bausteine des Tierkörpers in polarisiertem Lichte. Bonn 1924.
- Doppelbrechung und Feinbau des Zahnschmelzes. Sitzgsber. Niederrh. Ges. Natur- u. Heilk., Bonn 1923, S. 1–19. 1925.
—: Der Feinbau der organischen Grundmasse des Knochengewebes. Ber. oberhess. Ges. Natur- u. Heilk., Naturwiss. Abt. 15, 219 (1933).
- Polarisationsoptische Analyse des submikroskopischen Baues tierischer Zellen und Gewebe. In Abderhaldens Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. 5, Teil 10, S. 435–665. 1934.
—: Polarisationsoptische Erforschung des Zahnbeins. I. Kolloid-Z. 93, 234; II. 94, 263 (1940).
—: Das Wesen der Mandlschen Körperchen in den Teleosteerschuppen. Ein Beitrag zum Verständnis der Kaikabscheidung bei der Bildung knochenartiger Gewebe. Z. Naturforschg 2b, 233 (1947a).
—: Über homogene und sphäritische Verkalkung bei den verschiedenen Arten des Knochengewebes. Naturwiss. 34, 273 (1947b).
—: Einige neuere Erkenntnisse an den Zahnsubstanzen. Deutsche Zahnärztl. Z. 4, 913 (1947c).
Weidenreich, F.: Das Knochengewebe. In v. Moellendorffs Handbuch der mikroskopischen Anatomie, Bd. 2, Teil 2, S. 391–520. 1930.
Wurmbach, H.: Das Wachstum des Selachierwirbels und seiner Gewebe. Zool. Jb. Abt. Anat. 55, 1 (1932).
—: Modellversuche zur Bildung der Kollagenfeinstruktur des Knorpels. Zool. Jb. Abt. Anat. 69, 251 (1945).
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Schmidt, W.J. Über die Verkalkung des Knorpelgewebes der Haie. Zeitschrift für Zellforschung 37, 377–388 (1952). https://doi.org/10.1007/BF00343830
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF00343830