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Zur pathologischen Anatomie der Pickschen Krankheit

II. Mitteilung: Die feineren histologischen Veränderungen und die Frage der Lokalisation des Prozeßbeginns am Neuron

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Zusammenfassung

Zur Diskussion stehen die histopathologischen Veränderungen an Nervenzellen, Glia, Markscheiden und Achsencylindern in den Fällen Pickscher Krankheit, deren Atrophieausdehnung in der ersten Mitteilung beschrieben wurde. Von den Nervenzellveränderungen kommen neben der weitaus überwiegenden Atrophie sogenannte Nervenzellschwellungen in verschiedenen Erscheinungsformen vor. Sie sind formal der axonalen Reaktion nicht immer ähnlich und erweisen sich in Fettfärbungen vielfach als mehr oder weniger verfettet, d.h. erheblich mit lipoiden Stoffen angereichert. Auf die Schwierigkeit ihrer pathogenetischen Deutung wird hingewiesen. In Einzelfällen mögen sie der morphologische Ausdruck einer axonalen Reaktion sein. Daß dies jedoch für die Mehrzahl der Zellschwellungen in den Atrophiegebieten zutrifft, ist nach den dargelegten Befunden unwahrscheinlich. Diese sprechen dafür, daß es sich, ebenso wie bei der Nervenzellatrophie, um einen primären Degenerationsvorgang handelt. Mit der Akuität eines Prozesses geht ihr Auftreten nicht konform.

In den Atrophiegebieten der Großhirnrinde wird fast regelmäßig ein laminär betonter Status spongiosus beobachtet, dessen Ausdehnung sich annähernd nach dem Grade der Atrophie richtet. Auch die Stärke der Gliawucherung und das Ausmaß der Markscheidendegeneration geht mit dem Atrophiegrad der Rinde etwa parallel. Vergleiche an Hand der Glia-, Markscheiden- und Achsencylinderdarstellungen ergeben einheitlich die Rinde bzw. das Grau als den Schwerpunkt der Atrophie. Ebenso verdeutlicht der polarisationsoptisch in insgesamt zehn Fällen an verschiedenen Fettfärbemethoden festgestellte Verlust der Doppelbrechung formal noch erhaltener Markscheiden an der Markrindengrenze und in der Rinde, daß sich hier der primäre Degenerationsvorgang abspielt. Hinzu kommt, daß bei anderen Erkrankungen mit schweren Markschäden, beispielsweise den Leukodystrophien, ähnliche corticale Atrophien vermißt werden.

Wägen wir dies alles gegeneinander ab, so müssen wir annehmen, daß die Degeneration bei der Pickschen Atrophie nucleo-proximal bzw. im engeren Bereich der Nervenzelle beginnt. Verschiedene Zwischenstadien des sehr langsam verlaufenden Lipoidabbaus konnten in der Scharlach R-PAS-Färbung festgehalten werden.

In Gegenüberstellung dieses degenerativen Syndroms zu den entsprechenden klinischen Daten wird zur Frage „atypischer“ Befunde Stellung genommen. Danach sind degenerative Phänomene,wie Anzeichen von Markscheidendegeneration oder -zerfall, fixer und mobiler Lipoidabbau, grundsätzlich bei typischen Fällen mit chronisch-protrahierter Verlaufsdauer ebenso anzutreffen wie bei atypischen, rasch verlaufenden Fällen mit frühem Beginn. Auch Überlagerungen mit senilen Plaques sowie vereinzelten Alzheimerschen Fibrillenveränderungen kommen vor, ohne daß derartige Fälle unbedingt als atypisch anzusprechen wären. Die atypische Stellung eines Falles ergibt sich mehr aus quantitativen histopathologischen Kriterien in Zusammenhang mit einem ungewöhnlichen klinischen Verlauf.

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Jakob, H. Zur pathologischen Anatomie der Pickschen Krankheit. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 202, 540–568 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00342114

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