Zusammenfassung
Die immer wieder vertretene Auffassung, daß helle Kerne größer sind als dunkle, wurde bisher als unwidersprochene Tatsache hingenommen; wie unsere Untersuchungen zeigen konnten, nicht ganz zu Recht. Unseres Erachtens gilt dies nur für den Spezialfall einer gesteigerten spezifischen Zelleistung, nicht aber im Ruhestoffwechsel, bei denen die Organe lediglich für die Aufrechterhaltung des Gesamtgetriebes zu sorgen haben. Für diese Tätigkeitsphase gilt das umgekehrte Verhältnis: die dunklen Zellkerne sind größer als die hellen.
Als Ergebnis unserer Erhebungen, die wir unter Auswertung von 18000 Kernen an 21 verschiedenen Organen angestellt haben, seien folgende Hauptpunkte hervorgehoben:
-
1.
Die variationsstatistische Auswertung von hellen und dunklen Zellkernen in „ruhenden“ Organen ergab eindeutig, daß die dunklen signifikant größer und zahlreicher sind als die hellen.
-
2.
Die Farbintensitätsunterschiede sind unabhängig von Fixierungs- und Färbemethodik.
-
3.
Dunkle Kerne embryonaler Organe sind im Mittel ebenfalls größer und häufiger als helle.
-
4.
Mit dem Einsetzen stärkerer physiologischer oder pharmakologischer Reize nehmen die hellen Kerne großen- und zahlenmäßig zu, um auf dem Höhepunkt der Belastung die dunklen Kerne deutlich zu überflügeln.
-
5.
Bei der Neuroglia läßt sich nachweisen, daß — in Abhängigkeit von der Belastung — ursprünglich kleine dunkle Kerne freier Gliazellen unter Vergrößerung und Aufhellung stufenweise in Satellitenkerne übergehen.
Literatur
Benninghoff, A.: Funktionelle Kernschwellung und Kernschrumpfung. Anat. Nachr. 1, 50–52 (1950).
Freerksen, E.: Ein neuer Beweis für das rhythmische Wachstum der Kerne durch vergleichende volumetrische Untersuchungen an den Zellkernen von Meerschweinchen und Kaninchen. Z. Zellforsch. 18, 362–399 (1933).
Goodman, L., and A. Gilman: The pharmacological Basis of Therapeutics. New York: Mac Millan Company 1948.
Hertwig, G.: Abweichungen von dem Verdoppelungswachstum der Zellkerne und ihre Deutung. Verh. Anat. Ges., Erg.h. Z. Anat. Anz. 87, 65–73 (1938/39).
Jacobj, W.: Über das rhythmische Wachstum der Zellen durch Verdoppelung ihres Volumens. Roux' Arch. 106, 124–192 (1925).
—: Volumetrische Unterschiede der Zellen des Menschen und das allgemeine Problem der Zellgröße. Anat. Anz. 72, Erg.h. 236–247 (1931).
Koller, S.: Graphische Tafeln zur Beurteilung statistischer Zahlen, 3. Aufl. Darmstadt: Dr. Dietrich Steinkopff 1953.
Krantz, H.: Die Kerngröße und ihre Abhängigkeit von äußeren und inneren Faktoren. Z. Zellforsch. 35, 425–475 (1951).
Kulenkampff, H.: Das Verhalten der Vorderwurzelzellen der weißen Maus unter dem Reiz physiologischer Tätigkeit. Z. Anat. 116, 143–156 (1951).
—: Das Verhalten der Neuroglia in den Vorderhörnern des Bückenmarks der weißen Maus unter dem Reiz physiologischer Tätigkeit. Z. Anat. 116, 304–312 (1952).
Parr, L. L., S. M. Mossberg, M. W. Rosenzweig, E. I. Breslar and G. Clark: An alteration in the nuclei of rat liver cells in starvation. Anat. Rec. 116, 457–468 (1953).
Puff, A.: Das zeitliche Auftreten der Kernschwellung bei der Helladaptation der Froschnetzhaut. Morph. Jb. 93, 14–21 (1953).
Wermel, E. M., u. Z. P. Ignatjewa: Studien über Zellgröße und Zellwachstum. I. Mitt. Z. Zellforsch. 16, 674–688 (1938).
Wüstenfeld, E.: Beeinflussung des Uteruswachstums durch Hyperämiemittel bei der weißen Maus. Arch. Gynäk. 179, 567–577 (1951).
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Wüstenfeld, E. Variationsstatistische Untersuchungen über bemerkenswerte Grössenunterschiede „heller“ und „dunkler“ Zellkerne. Zeitschrift für Zellforschung 41, 361–371 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00340607
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF00340607