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Die Histogenese und Histologie des Parietalauges von Anguis fragilis und Chalcides ocellatus

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Zeitschrift für Zellforschung und Mikroskopische Anatomie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    Die histologische Differenzierung des Parietalauges und der Epiphyse beginnt noch vor der Abschnürung des Parietalauges.

  2. 2.

    Die Sinneszellen differenzieren sich noch vor der Abgliederung des Scheitelauges aus ihren Vorstufen. Diese unterscheiden sich durch einen schmalen, ovalen, besonders mit Azokarmin stärker färbbaren Kern und, bei sämtlichen hier angewandten Färbungen, dunkel erscheinendes Cytoplasma von den übrigen Zellen. Durch ein Schmälerwerden des breiten Fußes, mit dem die Vorstufen der Sinneszellen an der Basalmembran ansetzen, bildet sich ein basaler Fortsatz, der Neurit der Sinneszellen.

  3. 3.

    Die Vorstufen der Sinneszellen und die Sinneszellen des Parietalauges zeigen genau wie in der Epiphyse einen in ein kolbenförmiges Innenglied und ein meistens bläschenförmiges Außenglied differenzierten Fortsatz ihres Apikalteiles, der ins Lumen der Parietal organe hineinragt. Diese Zellen entsprechen den sekretorisch tätigen Sinneszellen der Epiphyse der Fische, Amphibien und Reptilien, wie sie von Holmgren (1917–1920), Friedrich-Freksa (1932) und Preisler (1942) beschrieben wurden. Der Inhalt der Außenglieder zeigt dieselbe Farbreaktion wie der Glaskörper und der Inhalt des Epiphysenlumens. Dies spricht für die sekretorische Tätigkeit dieser Zellen. Am Ende der ontogenetischen Entwicklung werden die Außenglieder der Sinneszellen des Parietalauges durch fädige Fortsätze ersetzt. Es sind dies möglicherweise die Wände der Außenglieder, die nach beendeter Sekretion stehengeblieben sind, oder plasmatische Fortsätze. Cilien, wie sie von Nowikoff beschrieben wurden, stellen diese Fortsätze nicht dar, da kein dazugehöriges Basalkorn gefunden werden konnte.

  4. 4.

    Die Kerne der Sinneszellen des Parietalauges, die zuerst schmaloval waren, werden im Laufe der ontogenetischen Entwicklung breitoval und sind spätembryonal auch nicht mehr so stark färbbar. Auch in diesem Fall gilt die Beobachtung Nowikoffs, daß die Differenzierung in der der Linse am nächsten liegenden Region beginnt und nach ventral zu fortschreitet. Die gleiche Differenzierung der Sinneszellkerne erfolgt in der Epiphyse, jedoch später als im Parietalauge.

  5. 5.

    Der N. parietalis wird bei Anguis fragilis im Gegensatz zu Nowikoffs Angaben noch vor der Abschnürung des Parietalauges gebildet.

  6. 6.

    Die Aufnahme des äußeren Nervennetzes in das Parietalauge von Anguis fragilis und Chalcides ocellatus vollzieht sich an allen Stellen der Retina in gleicher Weise. Es besteht kein Unterschied in der Art der Aufnahme im ventralen Teil und in den lateralen Wänden der Retina, wie dies Nowikoff (1910) angibt. Es schieben sich bei diesem Vorgang die kerntragenden Abschnitte der Pigmentzellen durch den Nervenplexus nach außen.

  7. 7.

    Daß die Pigmentbildung und die Differenzierung der Sinneszellen zur gleichen Zeit erfolgt (Nowikoff 1910, V. Boveri 1925), konnte nicht bestätigt werden. Die Differenzierung der Sinneszellen beginnt noch vor der Abschnürung des Scheitelauges. Die Pigmentbildung in den Pigmentzellen des Parietalauges setzt bei Anguis fragilis erst nach der Aufnahme des Nervennetzes ein, bei Chalcides ocellatus wohl erst nach dem Beginn der Nervennetzaufnahme, ist hier jedoch noch vor der vollständigen Aufnahme des Nervenplexus scheinbar beendet.

  8. 8.

    Die von Nowikoff (1907) beobachtete Retraktion des Pigments in der Retina des Parietalauges bei Dunkelstellung, die von Schmidt (1909) angezweifelt wurde, konnte bestätigt werden.

  9. 9.

    Die Linse wird hauptsächlich aus den sogenannten Linsenzellen aufgebaut, die auf Grund ihrer Genese als Vorstufen von Pigmentzellen bezeichnet werden können und nicht, wie Hescheler und V. Boveri (1923) auf Grund der gleichen Portsätze bei adulten Tieren und der rein theoretischen Überlegungen annehmen, modifizierte Sinneszellen darstellen. Zwischen diesen Zellen treten embryonal vereinzelt Vorstufen von Sinneszellen und Sinneszellen auf, die bei adulten Tieren von den Linsenzellen nicht mehr deutlich zu unterscheiden sind.

  10. 10.

    An Hand eines anomalen Entwicklungsstadiums von Anguis fragilis, bei dem die Epiphyse dem Parietalauge in der Entwicklung weit vorauseilt, konnte auf Grund der sonst für die Linse des Parietalauges charakteristischen Verarmung an Vorstufen von Sinneszellen der dorsalen Wand des die Epidermis berührenden Epiphysenbläschens die Vermutung ausgesprochen werden, daß beim Parietalauge die Epidermis die Determination zur Linse veranlaßt.

  11. 11.

    Der Glaskörper wird sowohl aus dem Sekret der Linsen und Retinazellen, insbesonders der Sinneszellen, aufgebaut, als auch aus fädigen, möglicherweise protoplasmatischen Fortsätzen dieser Zellen.

  12. 12.

    Die Sklera des Parietalauges, die kapselartig das Scheitelauge umschließt, entwickelt sich, von der Ursprungsstelle des N. parietalis in der Retina als Bezugspunkt gesehen, zuerst im rostralen Teil und erst später im kaudalen Abschnitt durch Verdichtung des lockeren Bindegewebes zu einzelnen Bindegewebsplatten.

  13. 13.

    Die Cornea des Parietalauges von Anguis fragilis bildet sich auf Grundlage einer schon frühembryonal auftretenden hyalinen Zone zwischen dem der Linse aufliegenden Bindegewebe und der Epidermis. In dieser Schicht tritt spätembryonal die von Nowikoff (1910) beschriebene dorsoventrale Faserrichtung auf. Bei schlüpfreifen und adulten Tieren findet man in dieser Zone noch einen feinen, zur Oberfläche des Kopfes und der Linse tangential verlaufenden Bindegewebszug vor, der an anderen Stellen des Kopfes entschieden stärker ausgebildet ist. Ebenso ist bei der adulten Anguis fragilis das Stratum basale über dem Foramen parietale bedeutend höher als an den übrigen Stellen der Kopfoberseite. Dies bestätigt erneut Nowikoffs Theorie der besonderen und auch gerichteten Lichtdurchlässigkeit der Cornea. Bei Chalcides ocellatus fehlt die hyaline Zone.

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Die Arbeit wurde am Zoologischen Institut der Universität Wien ausgeführt. Dem inzwischen verstorbenen Institutsdirektor Prof. Dr. O. Storch sowie Prof. Dr. W. Marinelli habe ich für die Überlassung des Arbeitsplatzes zu danken. Herrn Doz. Dr. H. Hofer danke ich für die Stellung des Themas, für seine stete Anteilnahme an meiner Arbeit und für das mir von ihm zur Verfügung gestellte Material. Herrn Prof. Vilter (Paris), der während meiner Arbeit einige Wochen an unserem Institut weilte, habe ich für wertvolle Ratschläge zu danken. Herrn Prof. Dr. D. Starck danke ich für wertvolle Hinweise bei der Fertigstellung des Manuskripts.

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Trost, E. Die Histogenese und Histologie des Parietalauges von Anguis fragilis und Chalcides ocellatus . Zeitschrift für Zellforschung 38, 185–217 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00334871

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