Zusammenfassung
Die Untersuchung ergab, daß den Knochenelementen der Teleostei — im ganzen gesehen — eine sehr einfache Faserstruktur mit homogener Verkalkung zukommt. Für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Formen konnten vier Grundtypen des Faserverlaufs festgelegt werden:
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1.
Stäbige Knochen besitzen durchweg parallel-lamellösen Bau bei longitudinaler Faserung.
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2.
Plattige Knochen setzen sich in ihrem Aufbau aus radiären und tangentialen Faseranteilen zusammen.
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3.
Alle Wirbel weisen zirkuläre bzw. konzentrische Anordnung ihrer kollagenen Fasern auf, die sich durch radiär gestellte, aber der Länge nach gefaserte Züge verbinden können.
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4.
Spongiöser Knochen erscheint als Netzwerk, dessen Einzelelemente zwar longitudinale Faserung zeigen, je nach ihrer Stellung und Anordnung aber konzentrisch gefasert wirken.
Diese vier Faserungstypen können in manchen Fällen als Mischformen auftreten.
Die selten vorgefundenen Gefäβkanäle ergaben keinen Anhalt für echte Haverssche Systeme, wie sie z. B. den Röhrenknochen der Säuger zukommen. Die optische Untersuchung zeigte, daß sich das umgebende Knochengewebe sehr unterschiedlich an ihrer Bildung beteiligt, wobei bestenfalls einfache konzentrische Umschichtung des Kanals (negatives Polarisationskreuz) erscheint.
Das Vorkommen von Osteocyten (Knochenkörperchen) konnte entgegen den Angaben Köllikers und Schmid-Monnards (1859 bzw. 1883) für alle untersuchten Physostomenformen nachgewiesen werden (außer Chauliodus sloanii) und zwar sowohl im Gewebe des Innenskelets wie in den dermalen Stützgebilden. Sie erscheinen dort vornehmlich in Lagen, die eine auffallende Übereinstimmung mit dem Faserverlauf zeigen.
Die zellfreie Osteoide Substanz im Sinne Köllikers (1858) wurde bei allen untersuchten Acanthopterygiern gefunden; als Besonderheit lag sie in entsprechender Art bei dem Physostomen Chauliodus sloanii vor. Es kann angenommen werden, daß es hier in Anpassung an die besonderen Verhältnisse der Tiefsee (Kalkmangel) zu keiner kompakten Knochenbildung kommt, was sich in der schwachen Anisotropie seines gesamten Stützapparates ausdrückt.
Vermittelnde Zustände zwischen diesen beiden Arten des Knochengewebes konnten nur bei Physostomen beobachtet werden.
Die Längsstreifung der zellfreien Masse geht zurück auf Gewebelücken (Schlitze), Durchtritte Sharpeyscher Fasern und unterschiedliche Dicke der nebeneinanderliegenden Bälkchenelemente. Die optische Untersuchung der sogenannten „Pseudodentinstruktur“ bestätigte die Annahmen früherer Autoren, daß es sich dabei um sehr enge Kanälchen handelt, in denen Sharpeysche Faserbündel den Knochen durchtreten.
Der Anbau neuer Knochenmasse erfolgt bei den Teleostei stets in tangentialen Lagen, die sich dem Kontur des schon vorhandenen Knochens anfügen.
An Dornfortsätzen von Trutta fario konnte das Vorkommen einer „Grenzschicht“ nachgewiesen werden, die einen harten Überzug des fibrillösen Teils darstellt und vor allem an den Seiten zu sehen ist. Diese Grenzschicht (bei Schuppen der Teleostei weit verbreitet) besteht nur aus dicht gelagerten, mit der optischen Achse senkrecht zur Oberfläche stehenden Erdsalzkristalliten und enthält keine Kollagenfibrillen. Sie wurde bei keinem der übrigen Fische angetroffen.
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Dissertation der Naturwissenschaftlichen Fakultät Gießen. Leitung: Prof. W. J. Schmidt.
Im Wintersemester 1951 übergab mir Herr Prof. Dr. W. J. Schmidt das Thema zu vorliegender Arbeit. Für die Anregungen und für das Interesse, mit dem mein hochverehrter Lehrer die Entwicklung der Arbeit verfolgte, schulde ich ihm aufrichtigen Dank.
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Wiens, H. Polarisationsoptische Beiträge zur Kenntnis des Faserverlaufs in den Skeletelementen der Teleostei. Zeitschrift für Zellforschung 42, 508–540 (1955). https://doi.org/10.1007/BF00330507
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