Zusammenfassung
Um näheren Einblick in die Beziehungen zwischen Hypothalamus und Genitale zu bekommen, wurden bei der Maus während verschiedener Entwicklungs- und Funktionsphasen des weiblichen Genitaltraktes die Zellkerne in 9 Arealen des Hypothalamus und Zellkerne des Epidems in Höhe des Nucleus paraventricularis gemessen. Erfaßt wurden die Kerne 4 (Nucleus supraopticus), 9 (Nucleus suprachiasmaticus), 10, 11 (Nucleus paraventricularis), 13 und 15 (subsummiert im Nucleus ventromedialis), 14, 16 (Nucleus arcuatus s. infundibularis; in einem rostralen und kaudalen Teil vermessen) und 20 in der Einteilung von Grünthal.
Es gibt Areale, die während aller untersuchten Stadien keine Zellkernvolumenänderungen zeigen. In Zeiten erhöhter Leistung des Genitalstraktes schwellen immer die Zellkerne im Kern 20 am stärksten, mit Abstand auch die Zellkerne im Kern 16 (v. a. in seinem kaudalen Bereich). Während Schwangerschaft und Stillperiode vergrößern sich ferner regelmäßig, wenn auch in wechselndem Ausmaße, die Zellkerne in den Kernen 13 und 15. Ein vor der Tötung vorgenommener Vaginalabstrich führt zu Veränderungen an verschiedenen Kernen im Hypothalamus.
Die Befunde machen es unter Berücksichtigung der Ergebnisse anderer Autoren (v. a. Spatz und Mitarbeiter) sicher, daß dem Hypothalamus mit bestimmten Kernen eine Bedeutung für die Regulierung der Sexualfunktionen zukommt.
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Hertl, M. Das Verhalten einiger Hypothalamuskerne der weissen Maus während verschiedener Entwicklungs- und Funktionsphasen des weiblichen Genitalapparates. Zeitschrift für Zellforschung 42, 481–507 (1955). https://doi.org/10.1007/BF00330506
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